Editorial

Der Bauer, ein Ökosystemmanager?

„In der Natur, im Weltenwesen überhaupt steht alles in Wechselwirkung miteinander. Es wirkt immer das eine auf das andere.“ So sagt es Rudolf Steiner am Anfang seines siebten Vortrags für Landwirte. Und natürlich macht sich jeder, der Land bewirtschaftet, dazu seine Gedanken. Die biodynamischen Grundlagen hier sind tiefergehend – auf Zusammenhänge zwischen Gehölzen und Insekten, Auen und Pilzen oder Waldanteil und Bodenqualität blickend. Selbstverständlich sind Landwirte schon immer Verwalter wie auch Gestalter von Ökosystemen. Sich das bewusst zu machen, kann auch dem Betrieb Entwicklungsimpulse geben. Denn erstens ist Vielfalt ein Beitrag zu Gesundheit und Resilienz der genutzten Natur, zweitens erhöht sie in der Regel die Freude an der Arbeit: Ein Landwirtschaftsbetrieb ist schließlich nicht nur Produktionsstandort, sondern zugleich Arbeitsplatz und Wohnort. Und Drittens kann Vielfalt auf der Fläche oder im Stall auch mehr Standbeine für den Betrieb bedeuten. Übrigens, wer öfter im Grünen ist, bleibt gesünder, zeigt eine aktuelle Studie, Blutdruck und Stresspegel sinken.

Doch ist es mit dem Realisieren von Vielfalt nicht immer ganz einfach, wirtschaftliche Erwägungen scheinen dem oft entgegen zu stehen, aber auch Vorschriften, zumal wenn die kleinlich ausgelegt werden, was bei Naturschutz- und FFH-Flächen oder beim Anlegen von Agroforst schonmal der Fall sein kann. Im Prinzip hat der Ökolandbau das Potenzial, den Erhalt der Vielfalt am besten zu unterstützen, allein schon durch die Leguminosen in der Fruchtfolge. Steigende Intensivierung auf der Fläche aber wirkt dem entgegen – als Betriebsleiter muss man sich bewusst entscheiden und gestalten.

Dabei könnten Partnerschaften mit Kunden oder den örtlichen Naturschutzorganisationen hilfreich sein und auch zum beiderseitigen Verständnis beitragen. Denn wer mit der (Präparate-)Spritze auf geschützte Flächen fährt oder Hecken auf Stock setzt, hat schonmal Erklärungsbedarf. Schön, wenn solche Kooperationen so gut gelingen wie z. B. auf dem Demeter-Hof von Sebastian Schaller, wo die gezielte Weidehaltung über den medikamentenrückstandsfreien Kuhfladen Futtergrundlage für die Dungkäfer ist. Von denen ernährt sich die Große Hufeisennase, eine seltene Fledermausart und kann dort leben. Eine aktuelle Umfrage bei Demeter-Betrieben jedenfalls ergab, dass 95 Prozent von ihnen Naturschutz wichtig bis sehr wichtig ist.

Vielfalt bei Anbau und Sorten, möglichst aus biodynamischer bzw. ökologischer Züchtung, steigert die Agrobiodiversität. Und auch der Ackerbau ist neu zu denken: Der neue FiBL-Direktor, Knut Schmidtke formuliert es so: „Bio sollte künftig heißen, immer mehrere Pflanzen kombiniert anzubauen.“ Oder es mal mit Streifenanbau versuchen. Sogar im Gewächshaus kann man mit Grünbrache und außenherum mit Blühstreifen, Nistkästen etc. eine vielfältigere Note geben. Vielfalt ist machbar. Und macht Freude.

 

Herzlichst Ihr