Editorial

Gesunder Boden – gesunde Pflanze – gesunder Mensch

Dieser dreifache Blick aus den Anfängen des Ökolandbaus beschreibt dessen Mission, und weist auch auf den engen Zusammenhang zwischen Boden, Natur und Mensch hin. Heute würden wir vielleicht von „Ernährungssystem“ sprechen, im Bewusstsein, dass noch viel mehr dazu gehört, um diese drei Aspekte nachhaltig zu etablieren: von der (Aus-)Bildung bis zur Zubereitung müssen auf dem Weg bis zum Verzehr viele Menschen und Branchen mitgestalten.

Und auch draußen, auf dem Feld, in der Obstanlage, im Weinberg ist es nicht so einfach mit dem gesunden Boden getan – oder? Vielleicht müssen wir lernen, genauer hinzuschauen, was wir unter gesundem Boden verstehen, reine Humusgehalte, mittels Kohlenstoffgehalt gemessen, sagen da herzlich wenig aus. Lebendigkeit und resilientes Mikrobiom schon eher. Mit biodynamischer Praxis sind wir da auf gutem Weg. Aber gerade in den spezialisierten und intensiven Kulturen, Gemüse- wie Dauerkulturen braucht das Gesunderhalten noch mehr Hinwendung. Und ja, neben krankheitstoleranten Sorten auch konkrete Mittel, die gegen Befall, seien es Mikroorganismen oder Insekten etc. helfen. Je höher die Ansprüche, und die sind im Handel hoch, desto mehr lohnt deren Einsatz.

Doch auch im Ackerbau gibt es neue Maßnahmen, die zu gesunden Beständen führen: von genetisch breiter aufgestellten Populationssorten über die altbewährte Mischkultur bis zum Streifenanbau und zu Agroforst. Erste Hinweise auf die Kartoffelkäfer bzw. Kohlweißling abschreckende Wirkung von Transfermulch gibt es bereits. Allein in der Kategorie „Abhilfe“ bei Kalamitäten zu denken, gehörte noch nie zu den Leitgedanken des Ökolandbaus. Das Her­leiten neuer Verfahren aus der Praxiserfahrung schon, am besten dann wissenschaftlich belegt. Auch auf diesem Feld müssen die Ökobauern und ihre Begleiter in Forschung und Beratung innovativ bleiben. Denn wir wollen ja mehr Öko in der Fläche.

Auf der deutschsprachigen Wissenschaftstagung zum Ökolandbau, die diesen März an einem der Zentren der Ökolandbauforschung, im Schweizerischen Frick, stattfand, war denn auch der Blick auf die Transformation des Ernährungssystems insgesamt gerichtet. Das muss schon bei mehr Forschung für Ökobetriebe anfangen: in Deutschland besteht nach wie vor ein krasses Missverhältnis zwischen politischem Anspruch – 30 % Ökolandbau – und den dafür eingesetzten Forschungsmitteln im mittleren einstelligen Prozentbereich. Ob das Umsteuern hier gelingt?

Es ist nicht unbedingt zu erwarten, dass mehr Forschung alle Probleme beseitigt. Wie die Forschung zu Krautfäule oder Kupferersatz im Ökolandbau zeigt, gibt es Grenzen, zumal wenn wie in Dauerkulturen, tiefgreifendere Maßnahmen nicht flächendeckend möglich sind. Dies im Ernährungssystem, in der Wertschöpfungskette zu kommunizieren wird wichtig bleiben. Umso besser sind dann kreative Lösungen, die „zweitklassige“ Ware gut verwerten, wie es einige Unternehmen vormachen.

 

Herzlichst Ihr