Editorial

Mehr Moor!

Dem Reiz von Mooren habe ich früher wandernd mit einem Freund gehuldigt. Noch heute faszinieren mich diese Biotope, strahlen sie neben ihrer besonderen Flora doch eine Stille aus, die zum Innehalten einlädt. Das ist auch ihre Funktion in der Landschaft, Bewegung anhalten, Stoffe konservieren. Genau hier liegt ihr Potenzial fürs Klima. Weltweit gesehen speichern sie mehr Kohlenstoff als alle Wälder, das ist auch in Deutschland so, obwohl sie nur auf vier Prozent der Fläche zu finden sind. Die entwässerten Moore trugen hierzulande zuletzt 6,7 Prozent zur deutschen Emission von Treibhausgasen bei – das ist die Größenordnung des Klimagasbeitrags der deutschen Landwirtschaft. Wiedervernässung und angepasste Nutzung durch sogenannte Paludikultur könnte das mindern. Das wird nicht konfliktfrei gehen, sind doch zehn Prozent aller landwirtschaftlich genutzten Böden Deutschlands entwässerte Moorböden. Dass Moore im Gegensatz zu entwässerten Böden Wasser zurückhalten, aber auch, dass sie gut und lange brennen können, sei hier nur am Rande erwähnt.

Moore sind übrigens die Grundlage unserer fossilen Brennstoffe, die den Klimawandel bewirken. Erdöl und Kohle helfen uns heute durch ihre Energie, die beim Verfeuern entsteht, Zeit zu gewinnen, individuell wie in Zusammenarbeit, ja global effektiver zu werden. Der Preis für diese Beschleunigung ist u. a. der CO2-Ausstoß. Der Philosoph Peter Sloterdijk hat die Neuzeit einmal als allgemeine „Mobilmachung“ beschrieben. Deren wesentlicher Träger ist das Element Kohlenstoff.

Das spielt auch in der Landwirtschaft eine tragende Rolle, mit Sonnenkraft eingeatmete Gestaltsubstanz der Pflanze, verwandelt die Erde als Humus belebend, für Bauern Bodenkapital. Für Steiner trägt dieser „schwarze Kerl“ die gestaltenden Weltenbilder der Natur in sich. Mit Blick auf seine polyvalente Chemie und Wandlungsfähigkeit verständlich. Und so wird der Landwirt heute vom Bauern mit Blick aufs an Kohlenstoff satte Wachstum zum Klimafarmer mit Sorge um entweichenden Kohlenstoff, ob aus Auspuff, Böden, Kuh oder Nassreisfeld. Realistisch betrachtet ist der Anteil am Klimawandel zwar gering, in Deutschland 8,3 Prozent, weltweit – ohne Abholzung etc. 13,5 Prozent, publizistisch aber scheinbar der bedeutsamste. Wichtiger als der Beitrag zum Klimaschutz scheint mir eher die Ausrichtung der Agrarbranche an Klimaresilienz zu sein, und auch das hat mit Kohlenstoff zu tun: mit lebendigen Böden, dazu gehört auch eine Neubewertung der Leistung der Rinder – und der deutlichen Minderung von Emissionen im ganzen Ernährungssystem.

 

Herzlichst Ihr