Editorial
Aus Liebe zur Landwirtschaft
Warum beginnen Menschen mit Gärtnern, Ackern, Weinbau oder Bienenhaltung? Nicht als Hobby, sondern als Nebenberuf? Landwirtschaft zusätzlich zur Hauptbeschäftigung ist nicht nur auf Status oder Umwelt bedachten Prominenten oder Rennfahrern vorbehalten. Auch ganz normale Mitbürger träumen vom eigenen Wein oder Honig, der eigenen Mutterkuhherde, dem Most von der Streuobstwiese, selbstgezogenen Kartoffeln. Im Kleinen zeigt sich der Trend in Saisongärten und Solidarischer Landwirtschaft. Der Übergang vom Hobby zum Nebenberuf ist manchmal fließend.
Von den landwirtschaftlichen Familienbetrieben in Deutschland wird jeder zweite im Nebenerwerb bewirtschaftet. Vor allem in Bundesländern mit eher kleineren Betriebsgrößen ist der Anteil hoch. Zusammen bewirtschaften sie rund 19 Prozent der landwirtschaftlichen Fläche. Das geht meist einher mit einer geringeren Intensität und Produktivität, vor allem bei der Tierhaltung, im Ackerbau ist der Unterscheid kleiner. Die Zahl der Nebenerwerbsbetriebe nimmt langsamer ab als die der Betriebe im Vollerwerb.
Einerseits zeichnen die Zahlen den klassischen Ausstieg aus der Landwirtschaft nach: schrittweise, erst Nebenerwerb, dann die Tiere abschaffen, dann vielleicht ganz aufhören. Andererseits zeigen sie die Verbundenheit der Menschen mit dem, was ihnen als Natur und Kultur anvertraut ist. Denn ökonomische Gründe sind eher selten, dann wäre der rasche Ausstieg konsequent, zumal bei der aktuellen Arbeitsmarktlage. Nebenbei Landwirt zu sein ist mehr als ein Hobby. Und es gibt auch den anderen Weg: Nebenerwerb als Stufe zum Vollerwerb.
Auch im Kollegenkreis haben wir eine Reihe von praktizierenden Landwirten und Landwirtinnen, die Gründe sind vielfältig: Zwischen Job und Hofübergabe, Existenzgründung in der Landwirtschaft, zwei Standbeine, Geerdet-Sein, Arbeitsergebnisse erleben, Liebe zur Landwirtschaft, da ist alles vertreten. Nur, selten ist ein Hof geerbt. Quereinsteiger sind bei Demeter-Betrieben häufiger der Fall. Und: schon früher waren führende Köpfe der Demeter-Bewegung wie Erhard Bartsch oder Almar von Wistinghausen nebenbei auch praktische Landwirte.
Die Chance der Nebenerwerbslandwirtschaft: Nicht die Ökonomie spielt die erste Geige, sondern die Neigung der bewirtschaftenden Person. Das eröffnet Möglichkeiten, z.B. mehr für (Agro-) Biodiversität zu tun, pädagogisches Engagement oder Experimentierfreude. Das Risiko, nebenbei Landwirt zu sein: die Selbstüberforderung, Zeitkonflikte der zwei Arbeitsbereiche, fehlende Investitionsfähigkeit, dazu Familie, die integriert sein will. Daher gibt es auch die Spezialisierung, z.B. auf reinen Ackerbau, zwei, drei Früchte, fertig.
Mit dem Überdenken der eigenen Routinen kann sich aber auch ein neuer Blick einstellen: Weniger kann mehr sein, ob beim Wein oder in der schlanken Arbeitsorganisation. Nicht zuletzt werden Lehrgänge für Nebenerwerbslandwirte angeboten. Denn auch rechtlich und finanziell ist Einiges zu beachten.
Herzlichst Ihr