Editorial

Zusammen Öko-Milchvieh züchten

Viele Ökobauern halten Kühe, und von denen ein Großteil Milchvieh. Da wird auch gezüchtet, das geschieht sogar, wenn man nichts tut. Das ist aber keine Ökozüchtung, auch noch nicht die in einzelnen Rassen vorhandenen Anfänge. Die werden eher von Enthusiasten, und Landwirten, Landwirtinnen, die gern auch schöne Kühe am Arbeitsplatz haben, gepflegt. Öko-Zucht muss aber auf mehr Betrieben praktiziert und breiter verfügbar werden. Auch, damit Zuchtvorstellungen des Bio-Bereichs nicht von der konventionellen Dominanz unmöglich gemacht werden.

Das biodynamische Ideal ist eine Landwirtschaft als Organismus mit individueller Note. Das verlangen allein schon Standort, Böden, Exposition und Klima den Bauern oder Gärtnern ab. Tiere, zumal Wiederkäuer, gehören idealerweise dazu, helfen sie doch, diesen Standort zu entwickeln. Was in der Wissenschaft „Homefield Advantage“ – Heimvorteil – genannt wird, beschreibt Rudolf Steiner in seinem Kurs für Landwirte als „fortschreitende Wechselwirkung“ zwischen Boden, Futter, Tier und Mist, als Basis der von ihm so genannten Landwirtschaftlichen Individualität. Kurzum, biologisch-dynamische Landwirte züchten schon über das Futter an ihrer Herde, die so immer mehr standortbezogen lebt und Ertrag bringt.

Ganz von alleine geht das natürlich nicht – schon die Selektion ist eine züchterische Maßnahme. Die Bullenauswahl und dann die Anpaarung sowieso. Die wenigsten Öko-Landwirte halten noch eigene Stiere, der Besamungstechniker kommt auch auf viele Demeter-Betriebe, zumal eine Reihe von diesen zweigleisig fährt: eigener Bulle und künstliche Besamung. Umso wichtiger ist, dass man beurteilen kann, welcher Bulle auf welche Kuh passt, ob beim Blick in die Kataloge, oder auf die Website der ÖTZ, wo sich Bullenempfehlungen für Demeter- und Öko-Betriebe samt Eigenschaften finden. Und, man muss ein inneres Bild seiner Herde haben.

Die Hochleistungszucht hat ihre Effizienzgrenze für den Ökobetrieb längst überschritten. Und greift zu immer fragwürdigeren Mitteln, um raschen Zuchtfortschritt behaupten zu können. Doch Tiere aus Embryotransfer, als Kälber genetisch im Labor auf ihr Potenzial gecheckt, sind z. B. nicht nachkommengeprüft. Oft sind also nur wenige Kennwerte für Öko-Züchter tauglich. Nicht jeder kann einen Bullen halten, sich mit Kuhfamilienzucht beschäftigen. Umso wichtiger ist es, das vorhandene Angebot wie den Ökologischen Gesamtzuchtwert ÖZW, oder den RZ- Öko, die Demeter-Bullenempfehlungen der ÖTZ zu nutzen.

Auf jeden Fall braucht es eine eigenständige ökologische Milchviehzucht, und mehr Betriebe, die sich daran beteiligen – gerade vor dem Hintergrund der prekären wirtschaftlichen Lage vieler Milchviehhalter. Denn nur so können mittelfristig Merkmale berücksichtigt werden, die für low-input-Betriebe relevant sind, wie Grundfutterverwertung oder Weidetauglichkeit. Langlebigkeit ist im Übrigen ein wesentlicher Faktor für die Rentabilität einer Kuh. Ökologische Milchviehzucht braucht langen Atem, betrieblich wie im gemeinsamen Bemühen darum. Mit der ÖTZ-Rinderzucht haben Öko-Betriebe einen Partner dafür.

 

Herzlichst Ihr