Feld & Stall

Umbaulösungen für Anbindeställe

Altgebäude für tiergerechte Haltung nutzen

von Christel Simantke

 

Das Jahr 2010 naht und damit das Ende der Ausnahmegenehmigungen für Anbindeställe auf Öko-Betrieben. Auch wenn es weiterhin Ausnahmeregelungen für "Kleinbestände" geben wird, so sollte doch ernsthaft über eine angepasste Umbaulösung für den noch vorhandenen Anbindestall nachgedacht werden – zum Vorteil von Mensch und Tier.

 

Zur Umbauwürdigkeit von Altgebäuden gibt es vorab einige Punkte zu bedenken, so zum Beispiel:

  • baulicher Zustand der Gebäude;

  • Platz auf der Hofstelle für Erweiterungen / Anbauten;

  • vorhandene Lagerkapazität für Jauche / Gülle;

  • Verfügbarkeit von Stroh;

  • eigenbetriebliche Zukunft der Rinderhaltung.

Die Befahrbarkeit des Futtertisches und die gegebene Deckenhöhe des Stalles entscheiden meist über die Nutzung des Altgebäudes als Fressplatz oder als Liegehalle. Bei niedrigen Deckenhöhen (< 2,80 m bzw. < 2,50 m im Liegebereich) oder nicht befahrbaren Futtertischen sollte das Altgebäude künftig als Liegehalle genutzt werden, der Fressbereich wird ausgelagert. Umgekehrt können Liegeflächen häufig in einfacher Bauweise an die vorhandenen Stallungen angeschlossen werden. Ein dazwischen liegender Laufhof kann Verbindungswege vereinfachen und den Tieren einen begrenzten Aufenthalt im Freien bieten. Sofern die Milchkammer in ihren Maßen und Funktionen noch nutzbar ist und sie an vorhandener Stelle erhalten werden kann, können Investitionen gespart werden. Folgende Haltungssysteme kommen als Um- oder Anbau in Frage:

 

Tiefstreu-Liegefläche ...

... als Umnutzung einer bestehenden Halle oder Anbau an einen bestehenden Stall, in dem dann die Fütterung erfolgt. Vorteil des Tiefstreusystems ist der Tierkomfort – sämtliche Liegepositionen sind möglich, zudem können alle Tierkategorien im selben Stallsystem gehalten werden. Meist sind Tiefstreusysteme einfach und relativ kostengünstig zu erstellen bzw. Hallen umzunutzen. Die Höhe der Mistmatratze ist variabel; eine geringere Höhe bedeutet etwas weniger Strohverbrauch, jedoch häufigeres Entmisten. Bei 0,8 – 1,0 m Tiefstreuhöhe bleibt der Mist über die ganze Winterperiode im Stall. Nachteile der Tiefstreu liegen beim hohen Strohverbrauch, bei zu geringer Einstreumenge verschmutzen die Tiere stark.

 

Liegeboxen ...

... sind ebenfalls für Um- und Anbauten geeignet. Eingestreute Tiefboxen sind wesentlich tierfreundlicher als Hochboxen mit Gummimatten. Aus Liegeboxen werden Kühe weniger häufig durch andere Kühe aufgetrieben als auf Tiefstreu oder Tretmist, jedoch können Verdrängungen hier eher zu Verletzungen führen, da die Kuh schlecht aus der Box flüchten kann. Ein großer Vorteil des Liegeboxenstalles liegt in der Stroh- und damit auch in der Arbeitsersparnis. Die Laufflächen sollten mehrmals am Tag mittels Schieber geräumt werden. Auf den Laufflächen wird zumeist Gülle erzeugt, stark eingestreute Laufgänge führen oft zum Liegen der Kühe auf den Gängen – vor allem dann, wenn es die Liegeboxen an tierischem Komfort fehlen lassen.

 

Nachteile liegen in den notwendigen festen Maßen von Boxen sowie Gängen, weshalb ein Einfügen ins Altgebäude nicht immer gegeben ist. Die Einrichtung des Stalles ist durch die Boxen, den Schieber usw. teurer als komplett eingestreute Systeme. Die Tiere können in den Boxen nicht sämtliche Liegepositionen einnehmen, z.B. ist Liegen mit ausgestreckten Vorderbeinen nur selten, ausgestreckte Seitenlage nicht möglich. Eine gute Akzeptanz der Liegeboxen wird durch bequemes Liegen, Aufstehen und Hinlegen erreicht. Die richtige Dimensionierung, tierfreundliche Begrenzungen und ein bequemes eingestreutes Liegebett sind ein Muss!

 

Tretmist ...

Eine schräg angelegte und eingestreute Liegefläche ist eine gut mögliche Umnutzung von Altgebäuden. Die klassische Form weist ein Gefälle von ca. 3 – 10 % und eine Mistabrisskante zum Fressplatz hin auf. Der Strohverbrauch ist hier um ca. 30 bis 50 % geringer als bei Tiefstreu. Der zum Fressplatz hin getretene Mist ist meist gerade noch stapelfähig und soll täglich mindestens zweimal geräumt werden. Das Altgebäude soll für dies Umbaulösung eine Deckenhöhe von mind. 2,80 m aufweisen. Nachteilig ist, wenn der Mist aus verschiedenen Gründen nicht wie vorgesehen rutscht, sondern die Fläche maschinell entmistet werden muss.

 

Tretmistsysteme sind weniger geeignet für Tiere unter 200 kg Gewicht. Für Milchvieh bestehen sehr unterschiedliche Erfahrungen, nicht selten wird keine ausreichende Sauberkeit der Kühe erzielt. Ursachen können zu geringe und zu seltene Einstreu, schlechte Strohqualität, falsch gewähltes Gefälle oder auch die Fütterung der Kühe (sehr dünnflüssiger Kot) sein. Sehr umnutzungsfreundlich und kostengünstig zu erstellen ist das "normannische Tretmistsystem", da dies auf einer ebenerdigen Stallfläche beruht. Es existiert keine schräg betonierte Liegefläche und keine Abrisskante. Das Stroh wird auf der hinteren Seite der Liegefläche ausgebracht, wodurch mit der Zeit eine schräge Fläche entsteht. Am Fressplatz wird der anfallende Mist regelmäßig entfernt. Mindestens einmal jährlich wird die komplette Liegefläche entmistet.

 

Bei der Wahl des richtigen Haltungssystems müssen die eigenen Strohkapazitäten sowie die Entmistungs- und Ausbringungstechnik berücksichtigt werden. Im Folgenden werden zwei Varianten für den Umbau eines Anbindestalles sowie die Umnutzung einer Scheune vorgestellt.

 

Umbaubeispiel Anbindestall

Ist Situation: Warmstall für ca. 30 Kühe im Kurzstand mit Schwemmmistkanälen. Der Futtertisch liegt mittig und ist befahrbar. Die vorhandene Güllelagerkapazität ist auf diese Kuhzahl begrenzt. Gemolken wird mit einer Rohrmelkanlage. An einer Traufseite des freistehenden Stallgebäudes befindet sich ein Fahrsilo.

 

Variante 1, freie, eingestreute Liegefläche: Der bisherige Anbindestall wird Fressplatz und wird mit einem Fangfressgitter ausgestattet. Der Schwemmmistkanal wird mit einem von Kühen betretbaren Gitterrost abgedeckt und weiterhin zur Güllebeförderung genutzt – die Entmistung des Fressplatzes erfolgt mittels Stallschlepper. Die Kühe können die Seiten des Futtertisches durch zwei Übergänge über den Futtertisch wechseln. Hierfür wird der Futtertisch an 2 Stellen auf 1,0 m Breite bis auf Laufganghöhe der Kühe ausgeschnitten. Ein stabiles seitliches Gatter dient als einseitige Begrenzung und – ausgeklappt – zum Überfahren des Futtertisches. Der Boden des vorhandenen Fahrsilos wird erneuert, das Silo überdacht und findet als Liegefläche Verwendung. An einer Längsseite des Altstalles erfolgen unter den Fenstern Durchbrüche, wodurch die Kühe in die eingestreute Liegefläche gelangen. Die Fläche wird eingestreut vom bestehenden Zwischenboden des Stalles oder durch ein Einstreugerät von außen. Ein Laufhof hinter der Liegefläche bietet sich an, auch um die Kühe vor dem Melken hier warten zu lassen.

 

Kostenkalkulation

  • Liegehalle (Boden, Dach, Tore, Windnetz) 23.000,– €

  • Altgebäude (neues Fressgitter, neue Gülleroste, Durchbrüche, Tränken) ohne Baunebenkosten, ohne Kosten für Melkstand 10.000,– €

  • Kosten pro Kuhplatz 1.320,– €

Variante 2, Liegeboxenstall: Ausgehend von der Ist-Situation wie oben wird der Futtertisch des Anbindestalles auf ganzer Breite mit zwei Reihen gegenständiger Liegeboxen ausgestattet. Der Futtertisch muss hierfür wenigstens 4,80 m breit sein, um 2,40 m gesamte Boxenlänge zu erzielen. Die zwischen dem Laufbereich der Kühe und der Liegeboxe entstehende Kante darf nicht zu hoch sein, insbesondere bei der prinzipiell empfehlenswerten Tiefboxe: 20 cm sollten nicht überschritten werden. Eventuell muss der Beton des Futtertisches etwas abgefräst werden. Es werden zwischen den Boxen vier Übergänge von je 0,9 m eingerichtet. Der Laufbereich hinter den Boxen wird nicht verändert, lediglich die Roste der Schwemmentmistung werden gegen betretbare Roste mit breiten Stegen getauscht.

 

Somit ist der Liegebereich im Stallinnern, wodurch die Fütterung im Außenbereich untergebracht wird. An der Stalllängsseite wird ein 3,50 m breiter Fressplatz befestigt, den die Kühe durch mehrere Durchbrüche unter den Fenstern erreichen. Der befahrbare Futtertisch wird aus Kostengründen nicht überdacht. Die klimatischen Verhältnisse (Niederschläge, Windrichtung ...) der Region sowie die Exposition der Stallungen sollten bei der Entscheidung einer Überdachung berücksichtigt werden. Bei ungünstigen Verhältnissen muss neben der Überdachung auch eine Windschutzvorrichtung vorgesehen werden. Der Stall bietet Platz für 24 Kühe. Erweiterungen der Tierzahl sind bei dieser Variante denkbar durch eine Verlängerung der Liegeboxenreihen in den Außenbereich (kostengünstig durch Cucettensysteme) und entsprechender Ergänzung am Fressplatz.

 

Kosten

  • Außenfuttertisch + Fressplatz (Boden, neues Fressgitter, Trenngitter) 12.500,– €

  • Altgebäude (Liegeboxen, neue Gülleroste, Durchbrüche, Tränken, Boden anpassen) 11.000,– €

  • Zuzüglich Güllelager: 60 m³ Regenwasser, plus erhöhter Gülleanfall wg. Liegeboxen 150 m³ oberirdische Lagerung mit Vorgrube (ca. 540,– € / Kuhplatz) 13.000,– €

  • Kosten pro Kuhplatz: (ohne Baunebenkosten, ohne Melkstand, mit Eigenleistung bei Montage, Aufstallung) 1.520,– €

Umbaubeispiel Scheune

In diesem Fall wird eine bestehende Scheune von 20 m Länge und 12,5 m Breite zum Tretmiststall für Mutterkühe umgenutzt. Würden hier Milchkühe aufgestallt werden, müsste entsprechend die Melktechnik ergänzt werden. In der Scheune wird ein ebenerdiges Bodenprofil erstellt, lediglich der Futtertisch wird um 0,2 m erhöht. Die Inneneinrichtung erfolgt mit Fangfressgittern, Abtrennungen zwischen den Gruppen und zwei Tränken für die Kühe. Vorhandene Jauchelager können weiter genutzt werden, eine Dungstätte von 5 x 5 m für den Festmist wird neben der Halle neu gebaut. Der Fressplatz wird täglich mit einem Frontladerschlepper gereinigt. Die Umnutzungskosten belaufen sich auf 25.000,– €, bei 24 Mutterkühen, die rechnerisch darin Platz finden, sind dies 1.045,– € pro Kuhplatz.

 

Der Umbau vom Anbindestall zum Laufstall soll arbeitswirtschaftliche Vorteile mit sich bringen, sowie den Tieren ein größeres Maß an Bewegungsfreiheit und Wohlbefinden bieten. Hierfür sind neben der Entscheidung für das System der Liegefläche der Fressbereich und die Gestaltung der Laufbereiche von entscheidender Bedeutung. Liege- und Fressbereich müssen sehr gut zugänglich sein, die Laufflächen trittsicher, Sackgassen unbedingt vermieden werden. Fressgitter und ggf. Kraftfutterautomaten müssen für behornte Tiere geeignet sein. Der Umbau ist u.a. auch eine gute Gelegenheit dafür, kuhgerechte Tränken in ausreichender Anzahl anzubieten. Einige Faustregeln zu Platzverhältnissen im Kuhstall existieren zwar, wichtig ist aber das gelungene Zusammenspiel im Haltungssystem. Neben den Bedürfnissen der Tiere müssen die Arbeitsbedingungen der Menschen berücksichtigt werden. Für ein gutes Gesamtkonzept lohnen sich zeitliche und finanzielle Investitionen für Gespräche mit Gleichgesinnten und Beratern.

 

Christel Simantke,

BAT Beratung Artgerechte Tierhaltung e.V.,

Postfach 1131,

37201 Witzenhausen,

bat(at)bat-witzenhausen.de

Literaturempfehlung: Laufhöfe in der Rinderhaltung, Maria Lotter, Dieter Sixt, bioland-Verlags GmbH, Mainz, 2000