Feld & Stall

Kurz & knapp

  • Vorgestellt werden Projektergebnisse zur Praxiseinführung von Öko-Faserlein, ausgehend vom Abnehmer, Hess-Natur.

  • Vier Jahre Anbau auf Ökobetrieben zeigen Potenziale und Risiken des Faserleinanbaus.

  • Insbesondere die Ernte bzw. Röste und der Langfasergehalt entscheiden über die Wirtschaftlichkeit.

Flachs – alte Kultur, neue Chance

von Eckart Grundmann

 

Die „Fahrt ins Blaue...”, „flachsblond”, „gut betucht”: viele Redewendungen aus der Tradition des Flachsanbaus und der Textilherstellung haben sich bis in unsere Zeit gehalten. Auch kennt man das schöne Leinenhemd, kaum getragen und schon knittert es an allen Stellen. Woher kommen die Rohstoffe für diese, auch in Naturtextil-Kreisen beliebten Textilien? Der lateinische Name Linum usitatissimum bedeutet der „vielgebräuchliche” Lein. Unter Lein werden die zwei Nutzungsrichtungen Faserlein und Öllein zusammengefasst, wobei der Faserlein traditionell Flachs genannt wird. Daraus hergestellte Textilien heißen dann Leinen (-stoff, -gewebe o. Ä.).

Die Pflanze

Der Lein besitzt eine Pfahlwurzel, die über einen Meter tief in den Boden wächst. Der Stängel ist beim Faserlein lang und unverzweigt. Damit ist die Ausbildung langer Fasern möglich. Beim Öllein sind die Stängel kürzer und stärker verzweigt, so dass viele Blüten und damit Samen gebildet werden können. Unter der mit einer Wachsschicht überzogenen Epidermis befindet sich der Bast, in dem die Fasern angelegt werden. Der Faseranteil am Gesamtgewicht beträgt bis über 30 %. Die Fasern bestehen zum größten Teil aus Zellulose und Hemizellulose. Der Lein blüht meist weiß bis blau, es gibt aber auch rosa und violette Varianten. Je Blüte entwickeln sich bis zu 10 Samen, die 30 – 40 % Öl enthalten.

 

Die Fasern im Flachsstängel sind unterschiedlich lang. Für die traditionelle Langfaserverarbeitung werden Faserlängen von mindestens 50 cm benötigt, wobei hier nicht Einzelfasern, sondern Faserbündel gemeint sind. Kürzere Fasern lassen sich mit den entsprechenden Maschinen nicht mehr verarbeiten. Die Kurzfasern können jedoch durch besondere Aufschlussverfahren so aufbereitet werden, dass sie ähnlich wie Baumwolle versponnen werden können, oft dann auch in Mischungen mit Baumwolle. Sie verlieren dabei aber die typischen Leinen-Eigenschaften. Kurzfasern werden allerdings hauptsächlich in der Papierindustrie verarbeitet (z. B. für Geldnoten).

Leinöl ist reich an ungesättigten Fettsäuren, die ernährungsphysiologisch besonders wertvoll sind, und wurde früher viel in der regionalen Küche genutzt. Eine weitere wichtige Verwendung fand es als Grundstoff für Farben und Lacke sowie als Holzschutzmittel. Dies beruht darauf, dass das Leinöl „trocknet”, d. h. oxidiert und damit einen Schutzfilm bildet. Führt man den Trocknungsprozess zu Ende, erhält man den Grundstoff für Linoleum und Leinölkitt. Die Leinsaat wird auf Grund ihres Schleimgehaltes als Abführmittel verwendet. Als Pulver hilft sie in Umschlägen und Packungen gegen Beschwerden der Leber und Galle.

Flachs im Anbau

Faserlein eignet sich durch seinen geringen Nährstoffbedarf und die Nachfruchtwirkung gut für den ökologischen Landbau. Es wird empfohlen, auf keinen Fall mit Stickstoff zu düngen. Dieser führt zu einem zu schnellen Wachstum, welches die Gefahr des Lagerns erhöht und zu schlechterer Faserqualität führt. Im Projekt hatten jedoch auch Bestände, die gedüngt wurden bzw. nach Kleegras standen, gute Faserqualitäten. Es kann davon ausgegangen werden, dass in den Bereichen der Faserqualität, in denen wir uns bewegen, der Einfluss der Düngung (aber auch der der Sorte) eher gering ist. Trotz der relativ langsamen Jugendentwicklung kann sich der Flachs recht gut gegen einjährige Unkräuter durchsetzen. Keine Chance hat er dagegen bei starkem Druck durch Ampfer, Distel und Quecke. Sehr empfindlich reagiert Flachs auf Wassermangel. In der Hauptwachstumszeit Mai und Juni benötigt er ca. 120 mm Niederschlag. Besonders auf flachgründigen Böden machen sich längere Regenpausen deutlich bemerkbar. Der Flachs wächst dann einfach nicht weiter und wartet auf den nächsten Regen. Entsprechend verringert sich dann der Strohertrag. Der Flachs wächst bis Mitte Juni auf etwa 80 bis 90 cm Länge und kommt dann in die Blüte. Danach braucht er etwa drei bis vier Woche zur Abreife, dann wird er gerauft. Der optimale Zeitpunkt bestimmt sich aus der Faserqualität, die Samen sind zu diesem Zeitpunkt noch nicht voll ausgereift.

Die Ernte

Raufen heißt, die Pflanzen werden mit den Wurzeln aus dem Boden gezogen, so dass die gesamte Faserlänge genutzt werden kann. Die Raufe legt die Stängel dann parallel auf dem Feld ab. Nun folgt die Röste: der Flachs bleibt für vier bis sechs Wochen auf dem Feld liegen. In dieser Zeit lösen sich die Fasern vom Stängel. Ist der richtige Röstgrad erreicht, wird das Stroh zu Rundballen gepresst. Hier stellt das Wetter ein entscheidendes Risiko dar. Wenn der Flachs jetzt nicht trocken vom Feld geholt werden kann, wird die Faser angegriffen und kann nur noch in Minderqualität weiterverarbeitet werden. Zur Verarbeitung wird der Flachs in die Schwinge nach Holland transportiert, da entsprechende Verarbeitungsbetriebe in Deutschland nicht mehr existieren.

Geschichte: Erstmals genutzt wurde der Flachs in Vorderasien vor ca. 6.000 Jahren. Reste von Leinengeweben wurden in Pharaonengräbern (ca. 3.000 v. Chr.) gefunden, ebenso altägyptische Wandmalereien, die den Flachsanbau darstellen. Der Flachs wanderte dann mit der Ackerbaukultur nach Mitteleuropa ein. Flachsanbau gehörte früher zu fast jeder Landwirtschaft. Leinen war die Hauptfaser neben der Wolle. Andere Fasern wie Hanf oder Nessel spielten nur eine kleine Rolle. Noch heute findet man in vielen Dörfern Straßen- oder Flurnamen, die auf die frühere Flachsverarbeitung hinweisen („Flachs...”, „Röst...” oder „Rotte...”). Doch mit dem Aufkommen der deutlich günstigeren Baumwolle kam der Flachsanbau in Deutschland in der ersten Hälfte des letzten Jahrhunderts zum Erliegen. Nur in Kriegszeiten gab es Anweisungen, Flachs anzubauen, um nicht von Importen abhängig zu sein. Daher rührt noch heute die Abneigung manch älteren Bauers gegenüber dem Flachs. Bereits früher kamen die besten Leinenqualitäten aus Belgien und Frankreich (z. B. „Brüsseler Spitze”). Dies liegt am für den Flachsanbau besonders geeigneten maritimen Klima. So hat sich in Nordfrankreich, Belgien und in den Niederlanden der Flachsanbau bis heute erhalten können (2007: 90.000 ha). Weitere bedeutende Anbaugebiete für Flachs liegen in den Staaten der ehemaligen Sowjetunion, in China und in Ägypten. Weltweit wurden 2007 etwa 360.000 ha Flachs angebaut.

Flachs-Projekt mit Hess Natur

Nachdem Hess Natur sein gesamtes Baumwoll-Angebot auf ökologischen Anbau umgestellt hatte, stand nun an, auch bei den anderen Fasern, darunter Leinen, Öko-Qualität einzuführen. Es gab im Rahmen eines Projektes mit Schafwolle aus der Rhön bereits gute Erfahrungen in der Vermarktung von Fasern aus heimischer Produktion. Deshalb setzte sich Hess Natur bei Leinen das Ziel, regional angebaute Fasern in Öko-Qualität zu verwenden.

 

In dem Projekt „Anbau und Weiterverarbeitung von Faserlein in kontrolliert biologischer Qualität aus Hessen”, arbeiteten Hess Natur und Eckart Grundmann vom IBDF mit den beteiligten Bauern über einen Zeitraum von vier Jahren erfolgreich zusammen. Das Land Hessen hatte zuvor negative Erfahrungen mit einem Flachsprojekt in den 80er Jahren gemacht, das den (konventionellen) Anbau in großem Umfang gefördert hatte, es dann aber keine Sicherheiten in der Vermarktung gab. Nach einem drastischen Preisverfall auf dem Faser-Weltmarkt musste das Projekt dann aufgegeben werden. Deshalb stand in unserem Projekt von Anfang an das Ziel im Vordergrund, eine geschlossene Kette „rückwärts” von der Vermarktung bis zum Acker gesund zu entwickeln.

Für Hess Natur bestand die Aufgabe darin, die erzeugten Fasern in qualitativ hochwertige Textilien verarbeiten zu lassen, die den strengen ökologischen Richtlinien des Internationalen Verbandes für Naturtextilien (IVN) und den hauseigenen Richtlinien entsprechen. Damit betrat Hess Neuland, da bisher vor allem fertige Gewebe und Stoffe in den eigenen Konfektionen verarbeitet wurden. Es galt nun, geeignete Verarbeiter zu finden. Dabei zeigte sich, dass es in Mitteleuropa nur noch sehr wenige Firmen gibt, die die technischen Voraussetzungen und dazu noch die Erfahrung besitzen, mit besonderen Qualitäten auch in kleineren Mengen umzugehen. Darüber hinaus mussten all diese Schritte so gestaltet werden, dass das Endprodukt für den Kunden bezahlbar bleibt.

 

Das IBDF übernahm die Aufgabe der Organisation des Gesamtprojektes und speziell der Entwicklung des Anbaus, vor allem die Frage nach geeigneten Betrieben. Das konkrete Ziel hieß: Flachsanbau auf 40 ha im vierten Projektjahr. Wegen der langen Anbaupausen musste somit eine Fruchtfolgefläche von 280 ha zur Verfügung stehen. Des Weiteren durften die Betriebe wegen der überbetrieblich genutzten Erntetechnik nicht zu weit voneinander entfernt liegen. Nach Rücksprache mit Demeter- und Bioland-Hessen entschied ich mich für die Region Gießen-Marburg-Alsfeld. Im Laufe des Projektes beteiligten sich insgesamt zehn Öko-Betriebe, die zunächst Informationen über den Flachsanbau brauchten. Es gab in Deutschland und in den Niederlanden bereits Projekte, von denen die einen sagten: Öko-Flachsanbau ist „kein Problem!” und die anderen: „wirtschaftlich nicht durchführbar!”. Dabei musste jedoch zwischen den pflanzenbaulichen und den ökonomischen Problemen unterschieden werden. Für das Projekt stellten sich damit (aus Sicht der Anbauer) die zentralen Fragen:

  • Kann Flachs unter den mittelhessischen Bedingungen mit guten Erträgen und Qualitäten angebaut werden?

  • Wie rechnet sich der Anbau?

Der Anbau begann 2005 auf ca. 2,7 ha, verteilt auf vier Betriebe. Die Fläche konnte bis 2007 auf 22,5 ha gesteigert werden. Es gelang leider nicht, in 2008 die geplanten 40 ha anzubauen, vor allem wegen der guten Marktsituation für Getreide. Auch 2008 wurden „nur” 22,5 ha angebaut. 2007 und 2008 konnten jedoch aufgrund von Hagel und Starkregen nur jeweils 16 ha geerntet werden.

Ertragsbildung beim Flachs

Beim Flachs verbergen sich alle Ertragskomponenten im Stroh, das in die Schwinge geliefert wird. Somit stellt der Strohertrag die Grundlage für den Gesamtertrag dar. Er ist vor allem abhängig von der Wasserversorgung während der Wachstumsperiode. Infolge der längeren Trockenperiode im April 2007 lag ein Teil der Saat bis zu fünf Wochen im Boden, bis er gekeimt hat. Dieser Rückstand konnte in der verbleibenden Wachstumszeit nicht mehr aufgeholt werden. 2008 gab es eine lange niederschlagsfreie Zeit von Ende April bis Anfang Juni, die zu einem entsprechenden Minderertrag führte.

 

Zentrales Ziel des Flachsanbaus ist die Erzeugung der Langfaser – wesentlich für die weitere Verarbeitung und auch für die Einnahmen. Der Ertrag an Langfaser hängt ab vom Strohertrag und dem Gehalt an Langfasern im Stroh. Dieser wiederum ist von verschiedenen Faktoren abhängig, die nur bedingt beeinflusst werden können. Langfasern sind die Fasern im Gesamtfaseranteil, die eine gewisse Mindestlänge aufweisen (ca. 50 cm). Der Anteil steigt durch eine lange Wachstumszeit und gleichmäßige Wasserversorgung. Er sinkt vor allem durch geringe Wasserversorgung (kurzes Stroh) und eine ungünstig verlaufene Röste, d. h. wenn die Fasern durch die Mikroorganismen selbst angegriffen werden. Der Fasergehalt ist auch sortenabhängig, jedoch zeigten Versuche mit verschiedenen Sorten in den ersten beiden Jahren keine relevanten Unterschiede in den Fasererträgen. Der (Gesamt-)Fasergehalt sinkt auch bei steigenden Anteilen an Unkraut im Stroh. Die durchschnittlichen Fasererträge schwankten zwischen 550 und 800 kg/ha bei Fasergehalten zwischen 11 und 15 %. Daraus lassen sich etwa 700 bis 1.000 Hemden pro Hektar herstellen. Der Kurzfaseranteil, so wie er die Schwinge verlässt, zeigt noch starke Verunreinigungen mit Stängelbestandteilen, Unkraut usw. Er beträgt jeweils etwa das 1,5- bis 2-fache des Langfaseranteils. 2008 war der Kurzfaseranteil relativ zu den Langfasern nur gering höher, was auf sehr gleichmäßig hohe Bestände zurückzuführen ist.

 

Ein wichtiger Teil der Ernte ist die Leinsaat. Sie wird entweder in der Schwinge oder bereits auf dem Feld mit einer speziellen Maschine gewonnen. Das Riffeln auf dem Feld hat den Vorteil, dass die Samen nur ca. zwei Wochen auf dem Feld liegen und der Pilzbefall deutlich geringer ist. Allerdings ist diese Arbeit mit sehr hohem Zeitaufwand verbunden. Der Ertrag schwankte um die 400 kg/ha.

Deckungsbeitrag Öko-Flachs: Optimierung nötig

 

Kalkulation Deckungsbeitrag (DB)

Strohertrag 5,1 t/ha,

Langfaser-Gehalt 13,3 %

Deckungsbeitrag optimiert

Strohertrag 5,0 t/ha,

Langfaser-Gehalt 15,0 %

Konsten / Mengen

   

Saatgut

238 €/ha (bei 1,70 €/kg; 140 kg/ha)

238 kg/ha

Transport

332 €/ha (bei 65,00 €/t)

325 kg/ha

Schwingen

663 €/ha (bei 130,00 €/t)

650 kg/ha

Var. Maschinenkosten

200 €/ha

200 kg/ha

Ernte

258 €/ha

257 kg/ha

Organisation

200 €/ha

200 kg/ha

Summe Kosten

1.890 €/ha

1.870 €/ha

Erlöse / Ernte

   

Langfaser

2.035 €/ha (bei 678 kg/ha; 3 €/kg)

2.250 €/ha (750 kg/ha)

Kurzfaser

189 €/ha (bei 944 kg/ha; 0,20 €/kg)

185 €/ha (925 kg/ha)

Leinsaat

255 €/ha (bei 255 kg/ha; 1,00 €/kg)

250 €/ha (250 kg/ha)

Verarbeitungsbeihilfe

109 €/ha (bei 678 kg/ha; 0,16 €/kg)

120 €/ha (750 kg/ha)

Summe Erlöse

2.587 €/ha

2.805 €/ha

Deckungsbeitrag

697 €/ha

936 €/ha

Wirtschaftlichkeit

Im Flachsanbau werden relativ hohe Erlöse erzielt, denen allerdings auch recht hohe Aufwendungen, besonders für Ernte, Transport und Erstverarbeitung, entgegenstehen. Hier wird besonders der Einfluss des Langfasergehaltes auf die Rentabilität deutlich. Ein großer Teil der Kosten entsteht „am Stroh”, die Erlöse werden hauptsächlich mit den Langfasern erzielt. So konnte 2008 ein durchschnittlicher Deckungsbeitrag von über 1.000 €/ha erzielt werden, durchschnittlich lag er im Projektzeitraum bei knapp 700 €/ha. Dabei wurde jedoch ein großer Teil der Ernte-, Transport- und Schwingkosten durch das Projekt getragen. Künftig muss an einer Erhöhung des Faseranteils gearbeitet werden, um einen Deckungsbeitrag von knapp 1000 €/ha zu erzielen.

 

Der Zeitraum der Ernte deckt sich genau mit dem der Getreideernte (Mitte Juli bis Ende August). Im Projekt hat sich deshalb gezeigt, dass der Flachsanbau nur durchgeführt werden kann, wenn die Ernte überbetrieblich im Lohn erfolgt. Diese Kosten müssen ebenfalls durch den Erlös aufgefangen werden. Es liegen bereits Angebote von den Betreibern der Schwinge vor, Voraussetzung dafür ist allerdings eine Anbaufläche von mindestens 50 ha. Die Fasern wurden von Hess Natur ab der Schwinge übernommen und der Weiterverarbeitung zugeführt. Dies gestaltete sich sehr schwierig, da einerseits die hohen Ansprüche an die Qualität erfüllt werden mussten, andererseits die verarbeitenden Betriebe, oft in wirtschaftlich schlechter Lage, zum Teil schließen mussten. Trotzdem gelang Hess Natur die Entwicklung einer vielseitigen Kollektion, die seit mittlerweile drei Jahren über den Katalog angeboten wird.

 

Hess Natur hat es sich zum Ziel gesetzt, das gesamte Leinenangebot mit Rohstoffen aus regionalem ökologischem Anbau anzubieten. Dazu braucht es eine langfristige Partnerschaft zwischen den Anbauern und Hess Natur, die Abnahme ist garantiert und es wird ein Preis für die Langfaser angeboten, der deutlich über dem Weltmarktpreis liegt. Somit besteht hier die besondere Chance, aus der Landwirtschaft heraus über die Produktion von hochwertigen Kleidungsstücken ein Bewusstsein für die Bedeutung regionaler Kreisläufe zu schaffen.

Anbautelegramm Faserlein

  • Klimaansprüche: Flachsa ist eine Langtagpflanze, die den Langtag zur Blütenbildung benötigt, d.h. frühe Aussaat führt zu langer vegetativer Entwicklung (und dadurch zu guten Faserqualitäten). Wichtig sind v.a. Niederschläge > 100 mm in der Hauptwachstumszeit (Mai/Juni), Minimaltemperatur für Keimung: 2 bis 3 °C, tolerierbare Spätfröste in Jugendentwicklung: -3 bis -5 °C.

  • Bodenansprüche: Ideal sind tiefgründige mittlere und schwere Böden mit guter Wasserführung pH 6 bis 7, leichte Böden pH 5,5 bis 6, ungeeignet sind staunasse und zur Verschlämmung neigende Böden.

  • Fruchtfolge: Vorfruchtwahl unter Berücksichtigung von Unkrautunterdrückung und geringer Stickstoffnachlieferung. Gute Vorfrüchte sind alle Getreide, Mais, Kartoffeln, Zuckerrüben, ungünstig sind Leguminosen, da zu hohe N-Nachlieferung. Lein ist selbstunverträglich, nur alle 5 bis 7 Jahre anzubauen.

  • Bodenbearbeitung: feinkrümeliges und rückverfestigtes Saatbett, es dürfen keine Verdichtungen im Unterboden auftreten!

  • Aussaat: Saatzeit: so früh wie möglich, Mitte März bis Mitte April,

  • Saatstärke: 1.700 bis 2.000 keimfähige Körner/m², ca. 140 kg/ha

  • Saattiefe: 2 – 3 cm

  • Reihenabstand: so eng wie möglich, ideal 6 – 8 cm,

  • Saattechnik: übliche Drillmaschinen, auf exakte Einstellung achten, da Flachs eine hohe Fließeigenschaft besitzt.

  • Unkrautbekämpfung: Blindstriegeln möglich, Striegeln 1- bis 2-mal bei 6 – 10 cm Wuchshöhe, nur wenn der optimale Zeitpunkt erwischt wird.

  • Düngung: im Öko-Anbau wird Flachs nicht gedüngt, auch nicht die Winterbegrünung vorher!

  • Ernte: Zum Zeitpunkt der Gelbreife (2/3 der Blätter sind abgefallen, Stängel zu 2/3 gelb gefärbt) Ernte mit Raufmaschine; Tauröste auf dem Feld, ein- bis zweimaliges Wenden, endgültige Ernte nach ca. 4 – 6 Wochen mit Spezialpresse.

  • Erträge: Bei guter Tauröste ca. 800 kg/ha Langfaser, 1.000 kg/ha Kurzfaser, 300 – 500 kg/ha Leinsamen, Schäben.

Randnotiz

An dieser Stelle möchte ich mich, auch im Namen der beteiligten Bauern und von Hess Natur, für die finanzielle Unterstützung des Projektes durch das Land Hessen bedanken. Eine Tagungsdokumentation im Verlag Lebendige Erde (Schriftenreihe IBDF Nr. 20) gibt Auskunft über weitere Aspekte zu Anbau, Verarbeitung, Markt, 68 S., ISBN 978-3-921536-69-8, 20 €.