Hintergrund

Verantwortung im Betrieb – was braucht es?

Fragen an Landwirt Holger Daub zu Ausbildung, Erfahrungen, Studium, Praxis

 

Herr Daub, Sie sind seit September 2006 verantwortlich in die Landwirtschaft am biologisch-dynamischen Lichthof eingestiegen, nach Sommern auf der Alp und Studium: Welche Ihrer Fähigkeiten bzw. Erfahrungen konnten Sie am besten gebrauchen?

Es war mein Anliegen, mich nach den Studien- und beruflichen Wanderjahren fachlich und praktisch in einen Verantwortungsbereich einzuarbeiten. Es reizte mich auch, nach fast zehnjähriger Abwesenheit in einer vertrauten Region, am Bodensee, wieder anzuknüpfen. Durch mehrere Sommer auf Schweizer Alpen, berufliche Erfahrungen unter anderem in Käsereien und das Leben in unterschiedlichen sozialen Gemeinschaften kann ich zum einen vielseitige fachliche Fähigkeiten einbringen. Natürlich bin ich auch darüber hinaus gefordert und kann so mein Bedürfnis nach Beweglichkeit und Umgang mit Menschen in die Arbeit integrieren.

 

Welche Fertigkeit haben Sie anfangs am meisten vermisst?

Das ist gar nicht leicht zu beantworten, weil ich mich gerade während meines ersten Jahres auf dem Lichthof in einer besondern Weise getragen fühlte von der, wie ich finde, außergewöhnlich begünstigten sozialen, landschaftlichen und betrieblichen Lage des Hofes. In der ersten Zeit war ich etwas unsicher, ob meine Fähigkeiten über meine berufliche Tätigkeit als Milchviehbauer hinaus an diesem Ort überhaupt gebraucht werden. Es erleichterte mich, dass deutlich wurde, dass ich als "ganzer" Mensch in der Gemeinschaft einen Platz finden konnte. Was mich persönlich betrifft, habe ich kein ausgesprochenes Geschick im Umgang mit Maschinen. Auf dem Hof habe ich erfahren, dass wachsende Erfahrung Begabung zum Teil ersetzen kann.

 

Was hat Ihr Studium Ihnen gebracht?

Meine Studienzeit in Witzenhausen von 1998 bis 2003 habe ich in bester Erinnerung. Die ersten Semester waren allerdings eine Durststrecke, besonders für diejenigen, die bereits davor praktisch gearbeitet haben. Es war ein Lernprozess, wieder stillzusitzen und für theoretische Fächer wie Statistik oder Organische Chemie zu lernen. Im Rahmen des Studiums gibt es vielfältigste Möglichkeiten, sich einzubringen. Besonders durch Studienangebote wie Projekte, Tutorien oder der Organisation von Konferenzen und Auslandexkursionen wird Eigeninitiative und selbständiges Arbeiten gefördert. Neben den fachlichen Angeboten geht es im Studium auch um Persönlichkeitsbildung und Horizonterweiterung. Natürlich erhebt das Studium den Anspruch, die Studierenden auf ihr späteres Arbeitsleben vorzubereiten, kann dies aber auf Grund der Fülle der Arbeitsfelder nicht gewährleisten. Zurückgeschaut würde ich sagen, die Studienzeit möchte ich nicht missen, in meiner täglichen Arbeit auf dem Betrieb beziehe ich mich allerdings mehr auf meine Lehrjahre und die Praxiszeiten als Käser und Hirte in den Schweizer Bergen.

 

Lehre, Studium, Wanderjahre, das war Ihr Weg: Was empfehlen Sie denen, die lernen wollen, einen Demeter-Hof zu bewirtschaften?

Das hängt stark von dem Hintergrund ab, den jemand mitbringt. In meiner Lebenssituation vor zehn Jahren ging es mir nach der landwirtschaftlichen Ausbildung vornehmlich darum, mir durch das Studium ein weiteres Feld an Perspektiven zu eröffnen und die teils erlebte Enge auf den Höfen hinter mir zu lassen. Hätte ich nach der Ausbildung bereits das Ziel gehabt, einen landwirtschaftlichen Betrieb zu leiten, hätte ich mich rückblickend allerdings eher für eine praktische Weiterbildung wie die Techniker- oder Meisterschule entschieden.

 

Die Ausbildung ist fertig – wie findet man für sich den richtigen biodynamischen Hof?

Mit der Suche nach dem richtigen Hof habe ich mich jahrelang beschäftigt und war zusammen mit anderen Hofsuchenden in ganz Deutschland unterwegs. Zudem arbeitete ich in einer universitären Arbeitsgruppe zu diesem Thema mit. Meinen Traumhof entdeckte ich auf Usedom, doch dieser ging, trotz redlicher Bemühungen unsererseits, in die Hände eines ebenfalls Interessierten. Vor zwei Jahren stieg ich dann ziemlich orientierungslos aus einem Hofgemeinschaftsprojekt aus, nicht aus Angst vor dem Vorhaben, sondern weil ich mich innerlich nicht so verbinden konnte, wie ich dies für nötig erachtete. In dieser völlig offenen Situation kam der jetzige Hof "wie von außen" auf mich zu, in dem mich eine Bekannte ansprach und meinte: "Da wird eine Stelle frei, das könnte etwas für dich sein."

 

  Holger Daub,

  Camphill Dorfgemeinschaft Lichthof,

  Hermannsberg,

  88633 Heiligenberg