Hintergrund

Blühende Landschaft: Futter für Biene und Co.

Ein Netz von Blütenpflanzen, Tieren und Menschen

von Nicole Krüger und Holger Loritz

 

An der Bestäubung von Kultur- und Wildpflanzen arbeiten unzählige Arten von Blüten besuchenden Insekten mit: Honigbienen, Wildbienen, Käfer, Schwebfliegen, Schmetterlinge und auch Wespen. Etwa 80 Prozent der einheimischen Blütenpflanzen sind auf die Fremdbestäubung durch Insekten angewiesen. Etwa ein Drittel der menschlichen Nahrungspflanzen weltweit werden von Insekten bestäubt. Dabei übernehmen die Honigbienen je nach Landschaftstyp einen Anteil von fünf Prozent der Bestäubungsleistung in vielfältiger, "intakter" Kulturlandschaft und bis zu 80 Prozent in Intensivobst-Gebieten. Die verbleibenden 20 bis 95 Prozent der Blütenbestäubung leisten demnach die wildlebenden Blütenbesucher.

Landwirtsfamilie Klement sät drei Hektar Blühfläche

Landwirtsfamilie Klement aus Niederbayern legte im Frühjahr 2008 eine Fläche von insgesamt drei Hektar mit verschiedenen mehrjährigen Blühmischungen als Insektenweide an. Die Blütenpracht war bereits im ersten Jahr eine Wonne für Tier und Mensch. Die Insektenweide ist für fünf Jahre konzipiert. Während dieser Zeit ist im Normalfall nach der Ansaat keine weitere Bearbeitung mehr nötig. Klements nehmen mit der Fläche am Kulturlandschaftsprogramm KuLaP teil. Die so genannte "Agrarökologische Ackernutzung (A36)" fördert die Ansaat von fünfjährigen Blühflächen mit interessanten Beträgen, die abhängig sind von der Bodenqualität. So kommt beispielsweise ein Landwirt mit einer mittleren Bodenqualität von 50 Bodenpunkten auf 920,- € pro Hektar.(Hinweise zu Förderprogrammen in anderen Bundesländern sind auf der Internetseite des Netzwerks zu finden.)

Ein Netz für Blüten bestäubende Insekten

Durch Verknappung des Nahrungs- und Nistplatzangebotes ist jedoch die Artenzahl der wildlebenden Bestäuber in den letzten 40 Jahren erheblich zurückgegangen. Bereits jede zweite Art der bei uns heimischen Wildbienen und Tagfalter und jede dritte Art der Nachtfalter ist im Bestand gefährdet und steht auf der Roten Liste. Deshalb sind für einen flächendeckenden Wildinsektenschutz die Erhaltung nistplatzrelevanter Kleinstrukturen sowie eine floristische Wiederbelebung der Gesamtlandschaft vordringlich. Insektenexperten verweisen heute angesichts des drastisch reduzierten Blütenangebots landwirtschaftlicher Nutzflächen auch auf die wichtige Rolle der Gärten und Parks als Ersatzlebensräume. So bewirkt jeder neue Blühstreifen eine Aufwertung. Wirklich durchgreifende Verbesserungen im landschaftlichen Ökosystem treten ab einem Anteil von ca. 5 bis 10 Prozent Aufwertungsflächen auf, die als ein Netz aus blühenden Nahrungs- und Nisthabitaten die Landschaft durchspannen.

Ein Netz an initiativen Menschen

Seit bereits sechs Jahren setzt sich das Netzwerk Blühende Landschaft für die Verbesserung der Lebensräume von Bienen, Hummeln, Schmetterlingen und Co. ein und macht auf die Notlage aufmerksam. Mellifera e.V., Vereinigung für wesensgemäße Bienenhaltung, hatte 2003 die Initiative ergriffen und die Trägerschaft übernommen für ein Netzwerk, in dem Landwirtschaft, Imkerei und Naturschutz an einem Strang ziehen. Gemeinsam mit den Partnern wurden insektenfreundliche Konzepte gesammelt und weiterentwickelt, um sie möglichst vielen Menschen zur Umsetzung an die Hand zu geben. So konnten bereits viele Menschen motiviert werden, um Honigbienen, Hummeln und Co. zu helfen: Sie werden in ihrem eigenen Lebensumfeld aktiv und gestalten eine blühende Landschaft.

Was können Landwirte und Gärtner tun?

Landwirte und Gärtner haben viele Möglichkeiten, mittels einer blühenden Land(wirt)schaft Blüten bestäubende Insekten zu fördern, z. B. durch:

  • ein- und mehrjährige Blühstreifen;

  • insektenfreundliche Mischfruchtanbau und Untersaaten;

  • Förderung von Ackerwildkräutern durch geringere Aussaatdichten, Lichtstreifen oder Ackerrandstreifen ohne mechanische Unkrautregulierung;

  • blühende Zwischenfrüchte und Gründüngung;

  • Randstreifen beim Mähen von Grünland;

  • differenzierte Grünlandnutzung und das Erhalten artenreicher Wiesen;

  • Insekten schonende Mähmethoden, d. h. Verzicht auf Mähaufbereiter und keine Mahd bei hoher Flugtätigkeit von mehr als einer Biene pro Quadratmeter.

Initiative im kommunalen "Bunt"

Ermutigt durch das Netzwerk Blühende Landschaft haben sich das Bieneninstitut und der Bund Naturschutz Kirchhain in Hessen vorgenommen, die Blütenverarmung ins öffentliche Bewusstsein zu bringen und Verbesserungsmöglichkeiten aufzuzeigen. Als ein erstes Ziel sollten die Blütenvielfalt im innerörtlichen Bereich vergrößert werden, sowohl auf kommunalen Flächen als auch in privaten Gärten. Durch intensive Gespräche konnte die Handlungsbereitschaft von Politikern und Verwaltungsmitarbeitern der Stadt gewonnen werden. Im Jahr 2008 wurden auf drei ausgewählten Flächen erste Erfahrungen mit der Aussaat von Blumenmischungen gesammelt.

 

Nach anfänglich langsamer Entwicklung und einzelnen kritischen Nachfragen aus der Bevölkerung boten die eingesäten Flächen ein buntes Farbenspiel und sind den Bürgern im wahrsten Sinne des Wortes eine Augenweide. Zugleich werden sie ihrer Funktion als Insektenweide gerecht - gerade in Zeiten, in denen die intensiv landwirtschaftlich genutzten Flächen keine Nahrung bieten.

Was können Nichtlandwirte tun?

Auch öffentliche Flächen wie Parks, Verkehrsinseln, Straßenränder und Böschungen bieten ein großes Potenzial, als Nahrungsgrundlage und Lebensraum für Blüten besuchende Insekten aufgewertet zu werden: Durch Initiative von Gartenbesitzern und engagierten Bürgern ist einiges möglich:

  • Anpassung der Schnitthäufigkeit an Flächennutzung;

  • zeitlich versetzte Mahd von Straßenrändern und Grünflächen;

  • Belassen von Saumstreifen bei Gehölzen;

  • Ansaat von Blühflächen;

  • Anlegen und Pflegen von Blumenwiesen;

  • Bepflanzung mit blühenden, insektenfördernden Stauden und Gehölzen;

  • Erstellung eines verbindlichen Pflegeplanes unter Berücksichtigung ökologischer und Insekten fördernder Aspekte.

 

Die genannten und viele andere Beispiele von Initiativgruppen und Einzelpersonen im ganzen Bundesgebiet kommen allesamt gut an und regen zum Nachahmen an aus. Die Aktiven sind durch ihre ersten Schritte zu mehr Blütenreichtum in ihrer Umgebung Keimzellen neuer Initiativen und Gruppen für eine Blühende Landschaft geworden. Jede Fläche, auf der nektar- und pollenspendende Wild- oder Kulturblumen zur Blüte kommen, erweitert das Blütennetz in unserer Kulturlandschaft. Machen Sie mit - und setzen Sie für die Blütenbestäuber ein blumenbuntes Zeichen! Detaillierte Informationen zu den erwähnten Maßnahmen, Downloads von praktischen Handlungsanleitungen, kostenlose Flyer, Feldschilder, Hinweise zu Fördermöglichkeiten für Landwirte und vieles mehr finden Sie auch im Internet auf http://www.bluehende-landschaft.de oder können Sie anfordern beim:

Netzwerk Blühende Landschaft bei Mellifera e.V. (Trägerverein des Netzwerks),

Fischermühle 7, 72348 Rosenfeld, Tel. 07428- 94 52 490, Fax - 94 52 499,

info(at)bluehende-landschaft.de, http://www.bluehende-landschaft.de

Holger Loritz ist Koordinator des Netzwerks Blühende Landschaft.

Nicole Krüger (Stiftung Ökologie & Landbau) arbeitet mit im Netzwerk Blühende Landschaft.

Netzwerk blühende Landschaft, http://www.bluehende-landschaft.de