Hintergrund

Ökolandbau – gut für die Landschaft?

Die Anbaumethoden integriert, bio und biodynamisch wirken unterschiedlich auf die Landschaft

von Regula Steiner

Die Landwirtschaft wurde und wird seit den 50er Jahren des letzten Jahrhunderts auch im schweizerischen Mittelland stark rationalisiert und intensiviert, dadurch wurde u. a. auch die Biodiversität in der Agrarlandschaft stark vermindert. 1993 wurde in der Schweiz die Agrarpolitik neu ausgerichtet mit Maßnahmen, die unter dem Stichwort „Ökologischer Leistungsnachweis“ und der Förderung des Ökolandbaus zu einer nachhaltigen Landwirtschaft führen sollen. Es existieren zahlreiche Studien, in denen Unterschiede zwischen biologischer und konventioneller Landwirtschaft untersucht werden. Die meisten zeigen, dass sich der Ökolandbau zum Beispiel positiv auf die Biodiversität auswirkt. Aber wie wirkt sich der Ökolandbau auf die Landschaft aus? Kann man Ökolandbau in der Landschaft sehen und hinterlassen unterschiedliche Anbaumethoden typische Spuren?

 

Im vorliegenden Artikel fasse ich die wichtigsten Ergebnisse aus meiner Arbeit über einen Vergleich von biologisch-dynamischen, biologisch-organischen und konventionellen Landwirtschaftsbetrieben im schweizerischen Mittelland (Kanton Zürich) zusammen und zeige, wie die so genannten Ökoflächen der Betriebe, die die Landschaft mit strukturieren, unterschiedlichen Mustern zugeordnet werden können.

Untersuchungsmethoden

Zunächst habe ich Flächendaten von Landwirtschaftsbetrieben im Kanton Zürich statistisch verglichen: 300 Betriebe mit konventionellem Anbau (IP-Betriebe), 130 Betriebe mit biologisch-organischem Anbau (mit dem Knospe Label der Biosuisse = Vereinigung Schweizer Bio-Landbauorganisationen); Knospe-Betriebe) und 10 Betriebe mit biologisch-dynamischem Anbau (Demeter-Betriebe).

 

Mit einer exemplarischen Kartierung von sechs Betrieben (je zwei pro Anbaumethode), habe ich die Situierung der landwirtschaftlich genutzten Flächen erfasst und besonders die Ökoflächen (extensiv oder wenig intensiv genutzte Wiesen und Weiden, Hecken, Hochstamm-Obstbäume, Einzelbäume oder Bunt- bzw. Rotationsbrache) in der Landschaft verortet. Zudem habe ich mit den sechs Bewirtschaftern Interviews durchgeführt, um ihre Motivation für die praktizierte Anbaumethode wie auch für die Anordnung der Flächen, insbesondere der Ökoflächen im Raum kennen zu lernen.

 

Es zeigte sich, dass sich die Betriebe beim Verhältnis von Ackerfläche zu Grünfläche und zu den Ökoflächen stark unterscheiden. IP-Betriebe bewirtschaften durchschnittlich die größte Ackerfläche, Demeter-Betriebe durchschnittlich die größte Grünfläche und die größten Ökoflächen. Im Vergleich zu IP-Betrieben pflegen Knospe- und Demeter-Betriebe häufiger Hecken. Zudem ist die durchschnittliche Anzahl der Hochstamm-Obstbäume bei Knospe- und Demeter-Betrieben viel höher als bei IP-Betrieben.

Anordnungsmuster der Ökoflächen (dunkel) bei unterschiedlicher Bewirtschaftung:

 

Muster der Ökoflächen

Was aber besonders interessant ist, nach welchen Gesichtspunkten die Bauern der verschiedenen Betriebe die Ökoflächen anlegen und wie sie dies begründen. Zum Beispiel nutzt ein IP-Bauer eine Waldwiese extensiv oder er mäht Streu in einem Naturschutzgebiet. Oft werden Ökoflächen auf Parzellen angelegt, die weit vom Hof entfernt oder wenig ertragsreich sind. Entsprechend argumentiert ein IP-Bauer mit der Wirtschaftlichkeit, indem er zu einer schattig feuchten Wiese am Waldrand sagt: „Das [die extensive Bewirtschaftung] hat sich ergeben, das ist sowieso schattig und nass dort unten, deshalb ist das für mich eine Fläche, die mich nicht so sehr reut.“

 

Ein Knospe-Bauer hat Alleen angelegt oder mit Hecken und extensiv genutzten Wiesen Ackerbegrenzungen betont. Er schafft und vernetzt Lebensräume für wildlebende Pflanzen und Tiere. Dieser Aspekt wird von dem Knospe-Bauern als eigenständiges Anliegen bei der Bewirtschaftung mitberücksichtigt. Bei dem anderen Knospe-Bauern sind die Ökoflächen über das ganze Land verteilt. Er hat sich an alten Plänen orientiert, als er kurz nach der Betriebsübernahme im Hofumfeld Obstbäume gepflanzt hat. Denn er mag sich erinnern: „Als Kind, wenn wir die Großeltern besucht haben, da gab's um die Häuser viele Birnbäume und die sind alle verschwunden.“ Dem Bewirtschafter ist es ein Anliegen, Ökoflächen anzulegen, aber sie dürfen die Bewirtschaftung nicht zu stark stören.

 

Auf den Demeter-Höfen scheinen die Ökoflächen zufällig angelegt. Teilweise werden mit Hochstamm-Obstbäume oder Hecken Ackerbegrenzungen betont. Ein kleines Blumenbeet wird auf einem kaum genutzten Fahrstreifen angelegt, weil das gefällt. „Es ist mir ein Bedürfnis, so etwas immer wieder zu machen, wegen der Landschaft“, erklärt die Bäuerin dazu. Beim Anlegen von Ökoflächen berücksichtigt ein Demeter-Bauer die Nachhaltigkeit: „Ich will eine Nachhaltigkeit, die wirklich hält. Hecken und Bäume und gewisse Kleinstmaßnahmen, die nicht so spektakulär sind, damit es Steinhaufen, Ödflächen, Brennnesseln hat.“ „Und ich denke auch, sie [die Landschaft] hat einen weiteren Stellenwert fürs Auge ... die Landschaft muss auch das Auge ernähren, ...“ Da wurde zum Beispiel auch ein Bach geöffnet, damit das Element Wasser auf dem Betrieb vorhanden ist. Dabei spielt die anthroposophische Grundhaltung, die ganzheitliche Betrachtung von Betrieb und Umland eine Rolle.

 

Die Muster, welche durch die räumliche Anordnung der Ökoflächen in der Landschaft aufgrund der Kartierung sichtbar wurden, habe ich folgendermaßen bezeichnet: Segregations-Muster für IP-Betrieben, Vernetzungs-Muster für Knospe-Betriebe und Integrations-Muster für Demeter-Betriebe (siehe Abb. 3). Mit den Mustern Vernetzung und Integration der Biobetriebe wird die Agrarlandschaft stärker mit Hecken und Hochstamm-Obstbäumen durchsetzt und es werden dadurch Lebensräume für Pflanzen und Tiere geschaffen, welche für die Biodiversität wichtig sind.

Zusammenhang von Biolandbau und Biodiversität

Aufgrund verschiedener Studien zeigt sich, dass sich die größeren Anteile der Grünflächen der Biobetriebe aus der Bewirtschaftungsmethode ergeben. Die größeren Anteile von Ökoflächen dagegen hängen mit der Werthaltung der Biobauern zusammen. Grünflächen wie Ökoflächen haben positive Wirkungen auf die Biodiversität. Ökoflächen als Biotope oder halbnatürliche Lebensräume fördern den Strukturreichtum, der ebenfalls positiv mit einer größeren Biodiversität zusammenhängt.

 

Zwar können positive Zusammenhänge zwischen Ökolandbau und Biodiversität festgestellt werden. Doch „verlieren“ sich diese Unterschiede in der Landschaft, auch da in der Schweiz nur etwa 10 Prozent der Landwirtschaftsfläche nach biologischen Richtlinien bewirtschaftet wird. Trotzdem würde die intensiv genutzte Agrarlandschaft durch die Ausdehnung des Ökolandbaus reicher an Ökoflächen und mit Hecken und Hochstamm-Obstbäumen belebt.

Dr. Regula Silvia Steiner hat über das Thema Landschaft und Landwirtschaft promoviert.

Die Dissertation ist publiziert: Regula Steiner, Spuren des Biolandbaus. oekom Verlag München 2009.