Hintergrund

Demeter-Schälsonnenblumen aus der Region

Lohnt sich Anbau und Verarbeitung? Ein Erfahrungsbericht

von Oliver Alletsee

 

Der Bezug von regionalem Demeter-Getreide hat für die Bäckerei Märkisches Landbrot (MLB) Tradition. Darüber hinaus bestand immer schon der Wunsch, regionale Sonnenblumenkerne verarbeiten zu können. Vor diesem Hintergrund haben wir vor zwei Jahren damit begonnen, Schälsonnenblumen in Brandenburg anzubauen.

Der Anbau

In der Fruchtfolge können die Sonnenblumen als abtragendes Glied nach Getreide angebaut werden. Sie haben geringe Nährstoffansprüche, zu starke Düngung verhindert sogar die Abreife und fördert die Gefahr von Pilzbefall. Als Standort kommen vor allem eher trockene Gebiete mit mittleren Böden und Frühjahrshitze in Frage. Wichtig ist, dass die Pflanzen nach der Aussaat möglichst bald keimen und dann auflaufen, sonst halten sie dem Beikrautdruck nicht stand.

Idealer Saatzeitpunkt ist Mitte April. Die Sonnenblumen werden möglichst nach der Winterfurche in ein feines, gut rückverdichtetes Saatbett mit einer Einzelkornsämaschine in entsprechendem Hackabstand gedrillt. Bei Schälsonnenblumen ist es gut, nicht zu dicht zu säen, denn die Köpfe werden sehr groß und vor allem schwer, so dass sie herunterhängen und dadurch mehr Platz brauchen. Ideal sind 50.000 bis 60.000 Körner/Hektar mit 50 cm Reihenabstand, 32 cm Abstand in der Reihe und 5 cm Saattiefe.

 

Das Saatgut ist bei Schälsonnenblumen die halbe Miete. Leider eignet sich dafür nur Hybridsaatgut, was große schälfähige Körner hervorbringt, die ein Schälen wirtschaftlich machen. Wir haben im letzten Jahr die Sorte Birdy angebaut, die in der Regel konventionell ungebeizt verfügbar ist. Die Sonnenblumen sollten, nachdem sie gekeimt haben, einmal vorsichtig blind gestriegelt werden. Anschließend empfiehlt sich das erste Hacken mit Schutzscheiben im Keimblattstadium und wenn die Pflanzen etwas größer sind, sollten zusätzlich ein bis zwei Hackdurchgänge erfolgen.

Geerntet werden die Sonnenblumen meistens im Oktober, nach der Abreife. Dazu reicht ein normaler Mähdrescher mit umgebautem Schneidwerk. Entscheidend für die Lagerung ist ein Feuchtigkeitsgehalt von 8 bis 9 %. Dieser Wert ist unbedingt einzuhalten, sonst besteht die Gefahr, dass die Sonnenblumen warm werden. Dadurch fangen sie nicht nur an, unangenehm zu riechen, sondern können sich auch entzünden. Wichtig für die Lagerung ist zudem sauberes Erntegut ohne Nester mit Stängel- und/oder Korbresten. Zur Vermeidung von Pilzkrankheiten wie Sklerotinia (Abknicken der Stängel) oder Botrytis (Schimmel der Körbe) ist besonders die Einhaltung einer vier- bis fünfjährigen Anbaupause wirksam, ebenso wie gut durchlüftete Bestände und sauberes Saatgut.

Wirtschaftlichkeit aus Sicht des Landwirtes

Der hier dargestellte Deckungsbeitrag (DB) orientiert sich an den im Jahr 2010 auf dem Libbenichen (Demeter) durchgeführten biodynamischen Anbau und basiert auf reellen Zahlen. Dort wurden im Auftrag der Bäckerei MLB auf 16 ha Sonnenblumen angebaut. Der Betrieb befindet sich östlich von Berlin im Oderbruch, umfasst 300 ha, bei einem mittleren Jahresniederschlag von 420 mm und Bodenpunkten zwischen 25 und 64. Insgesamt wurden 2010 auf dem Betrieb 296,4 Dezitonnen (dt) schälfähige Sonnenblumenkerne geerntet. Umgerechnet entspricht das einem Ertrag von 18,53 dt/ha. Der Landwirt erhielt für die Rohware 60 €/dt von MLB. Daraus errechnet sich eine Leistung der Sonnenblumen von 1.112 €/ha.

 

Direkt zugeteilt werden können die Kosten für das Saatgut, bei einer Saatstärke von 50.000 Körnern pro Hektar 85 €. Entsprechend des Marktwerts der benötigten Menge an Hornkiesel und Hornmist pro Hektar sowie den variablen Maschinenkosten für die Präparateausbringung errechnen sich anteilig Kosten von 15 €/ha für Präparate. Für Bodenbearbeitung, Saatbettbereitung, Aussaat, Striegeln und Hacken ergeben sich variable Maschinenkosten von 189 €/ha. In dem hier aufgeführten Beispiel wurden die Sonnenblumen im Lohn gedroschen. Dafür sind hier im Osten der Republik 200 €/ha einzuplanen. Unter Berücksichtigung der direkt dem Sonnenblumenanbau zuteilbaren Kosten sowie einem geringen Wert für sonstige variable Kosten errechnet sich der DB wie in der Tabelle dargestellt auf 568 € pro ha. Nicht dargestellt sind hier Kosten für Trocknung. Diese kann in schlechten Jahren notwendig sein und sollte daher bei der Planung mit einbezogen werden. Die Kosten für Trocknung liegen zwischen 3,50 € und 4,50 €/dt, wenn von 15 % auf 7 % getrocknet werden muss.

 

Sonnenblumenanbaufläche (ha)

16

je ha

Menge Hauptprodukt (dt)

296,4

18,53

Preis Hauptprodukt (o. MwSt., in €)

60

60

Hauptleistung (€)

17.784

1.112

naturale Nebenleistung (z. B. Stroh)

Leistung insg. (€)

17.784

1.112

Saatgut (€)

1360

85

Präparate (€)

240

15

Variable Maschinenkosten (€)

3024

189

Lohnmaschinen (Mähdrescher) (€)

3200

200

sonst. var. Kosten (ohne Zinsansatz Umlaufvermögen) (€)

880

55

Var. Kosten insg. (€)

8704

544

Deckungsbeitrag (€)

9.080

568

Deckungsbeitrag Demeter-Schälsonnenblumen (Pflug, Lohnernte)

Wirtschaftlichkeit aus Sicht des Verarbeiters

Bevor die Kerne von der Bäckerei verarbeitet werden können, müssen sie zur Schälmühle. Das Schälen der Rohware erfolgt in mehreren Schritten mit unterschiedlicher Sortierung. Sortierung 1 sind große Kerne, in der Regel ganz, brauchbar für die Brotaußenfläche. Sortierung 2 sind kleine Kerne bzw. Bruchkerne. Diese eignen sich zwar nicht für den Sichtbereich des Brotes, können aber ohne weiteres verarbeitet werden. Sortierung 3 sind Reste der vorangegangenen Sortierungsgänge. Dieser Anteil an geschälter Ware eignet sich nicht für die Verwendung in der Bäckerei, sondern dient maximal noch der Ölgewinnung oder als Futtermittel.

 

Insgesamt haben wir in diesem Jahr von zwei Betrieben im Auftrag von MLB 37.140 kg Rohware von einer Schälmühle in Brandenburg schälen lassen. Daraus ging, wie in der Tabelle dargestellt, 14.165 kg Ware hervor, wovon 9.900 kg Sortierung 1 (große Kerne) und 2.725 kg Sortierung 2 (kleine Kerne) entsprachen. 1.540 kg, hier als Rest oder Sortierung 3 bezeichnet, wurden als Futtermittel verwendet. Unter Berücksichtigung aller Sortierungsstufen lag die Schälausbeute bei 38,1 %. Aus Sicht des Bäckers, der nur Sortierungsstufe 1 und 2 in seinem Brot verwenden kann, lag die Schälausbeute bei 34,0 %. Idealerweise sollte die Schälausbeute bei über 40 % liegen.

 

Mit den Kosten für die Rohware, den Kosten für Schälen, Sortieren und Absacken kostet ein Kilo geschälte Sonnenblumenkerne zur Verwendung für den Bäcker im Brot in diesem Beispiel 2,28 €. Darin nicht berücksichtigt sind die Kosten für Transport, Begleitung des Anbaus, Organisation des Schälens und Transporte sowie der Aufbauarbeit, die wir in diesem Bereich leisten mussten.

 

Verarbeitete Rohware

37.140 kg

100 %

Schälausbeute gesamt

14.165

38,1 %

davon: Große Kerne

9.900

26,7 %

Kleine Kerne

2.725

7,3 %

Rest

1.540

4,1 %

Schälausbeute Sonnenblumen in drei Sortierungen.
Nutzbar für Bäcker sind große und kleine Kerne, also 34 %.

Fazit

Wenn auch der Sonnenblumenanbau eine gute Auflockerung für getreidelastige Fruchtfolgen darstellt, ist der Weg zum Erfolg sowohl für den Landwirt wie auch für den Verarbeiter nicht ohne Hürden. Wirtschaftlich ist, wie der Deckungsbeitrag zeigt, kaum Spielraum für den Landwirt. Ebenso ist der Verarbeiter davon abhängig, dass die Ware eine gute Ausbeute erzielt, damit das Endprodukt bezahlbar bleibt. Der Anbau von regionalen Sonnenblumen ist nur möglich, wenn sowohl der Verarbeiter sich auf den Landwirt wie auch der Landwirt sich auf den Verarbeiter verlassen kann. Das ist in dem hier vorgestellten Beispiel der Fall.

 

Autor:Oliver Alletsee,

Koordinator Demeter-Beratung Mitte/Nord,

Tel.: 030-28482 380

oliver.alletsee(at)demeter.de