Kurz & aktuell

EU-Subventionen: ineffizient und nicht transparent

Bei der Offenlegung gibt es Hintertüren

Werden die Zahlungen von EU-Subventionen jetzt tatsächlich offen gelegt? Landwirtschaftsminister Horst Seehofer will neuerdings alle Empfänger von Subventionen bekannt machen, Bundeswirtschaftsminister Michael Glos will erst ab zwei Millionen Euro namentlich benennen, wohin die Gelder fließen. Damit würden 99 Prozent der Subventionsempfänger nicht bekannt. Bis Ende August muss die Bundesregierung eine Position finden und in Brüssel vorbringen, denn die EU-Kommission schlägt vor, alle Zahlungsempfänger mit Namen, Fördersumme und Förderzweck zu veröffentlichen - am liebsten schon von 2007 an.

In Deutschland fordert die Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft (AbL) und mit ihr knapp 30 Organisationen in der "Initiative für Transparenz bei EU-Agrarsub­ven­tio­nen", endlich offen zu legen, wer wofür wie viel Prämiengelder aus Brüssel erhält. Der Grund dafür ist die ungerechte Verteilung der Agrarprämiengelder und die fehlende Anbindung der Zahlungen an qualitative Ziele. Nur 0,5 Prozent der Betriebe in Deutschland erhalten jeweils mehr als 300.000 Euro im Jahr an Direktzahlungen, während an 70 Prozent der Bauernhöfe je­weils weniger als 10.000 Euro jährlich gehen. Die AbL geht da­von aus, dass einige flächenstarke ratio­nalisierte Betriebe umgerechnet auf bis zu 120.000 Euro Prä­mien­gelder je Arbeitskraft kommen. Offenbar tragen Subventionen umso mehr zum Betriebsgewinn bei, je größer der Betrieb ist, wie der Bay­rische Agrarbericht zeigt.

Deshalb ist es dringend notwendig, die Zahlungen der EU-Prämiengelder an soziale und ökologische Kriterien zu koppeln. Die AbL fordert konkret die Bindung an Arbeitskräfte und hat ein Zahlungsmodell entwickelt. Demnach bleiben die ersten 30.000 Euro kürzungsfrei, Beträge darüber werden gestaffelt gekürzt. Die Betriebe können aber durch Nachweis ihrer sozialver­sicherungspflichtigen Lohnkosten die Kürzungen wieder ausgleichen. Berechnungen nach dem AbL-Modell haben ergeben, dass einem gut 2.000 Hektar großen Beispielbe­trieb, der etwa 700.000 Euro Direktzahlungen bekommt und nur 12 Arbeitskräfte beschäftigt, mehr als 400.000 Euro gekürzt werden. Keine Kürzungen müsste dagegen der 2.000 Hektar große Demeter-Betrieb Brodowin unweit von Berlin fürchten, der 50 Arbeitskräfte beschäftigt. Die Qualifizierung der Subventionen geht also nicht gegen Großbetriebe, sondern sorgt lediglich dafür, dass die Betriebe, die Arbeitskräfte wegra­tio­nalisieren, nicht auch noch mit Prämien belohnt werden.

Berit Thomsen ist Mitarbeiterin der Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft (AbL)

Mehr zum Thema unter: http://www.wer-profitiert.de

Zahlenspiele: ineffiziente Agrarprämien

  • 43 Milliarden € umfasst das EU Agrarbudget.

  • Davon zahlt Deutschland 9,3 Milliarden ein.

  • 25% der Gesamtsumme der in Deutschland ausgezahlten EU-Direktzahlungen gehen an 1,1% der Betriebe.

  • 52% der Betriebe müssen mit 8,8% der Prämien auskommen.

  • 2,3 Mio.€ erhielt z.B. Gut Klein Wanzleben bei 3200 ha Land und 12000 Bullen.

  • Betriebe ab 100 ha erhalten im Schnitt 11.452 € je Arbeitskraft, Kleinbetriebe nur 5004 €.

  • Die 18,3% "Großbetriebe Bayerns über 60ha realisierten ihren Gewinn 2004 zu 98% über Beihilfen, Betriebe unter 30 ha zu 40%.

  • Müller-Milch allein erhielt 2004 30 Mio aus dem (Bundes-) Fonds für ländliche Entwicklung.

  • Der Schweizer Konzern Nestlé bezog 2003/04 fast 44 Mio € an EU Subventionen.

Quellen: AbL, Stern, Bauernstimme, Bayrischer Agrarbericht 2004, BUND.