Kurz & aktuell

Bundesprogramm Ökolandbau auf der Kippe

Seehofer lenkt ein

 

Herrr Prof. Köpke, Sie hatten sich in einem offenen Brief an den Bundesminister für Verbraucherschutz und Landwirtschaft, Seehofer gewandt und ihn gebeten, seine Forschungspolitik überdenken. Was konkret war das Problem?

 

Anlass war die tiefe Besorgnis zur Zukunft der Forschung in diesem Bereich, die zahlreiche Wissenschaftler mit mir teilen. Mit einer ökologischen und wettbewerbsfähigen Landwirtschaft untrennbar verbunden sind die positive Einflussnahme auf den Klimawandel, der umfassende Erhalt der Biodiversität, die Schaffung von Arbeitsplätzen und die Bewahrung lebenswerter ländlicher Räume. Das wird auch von den Verbrauchern in Deutschland zunehmend honoriert. Der Umsatz in diesem Sektor entwickelt sich äußerst dynamisch. Dazu hat auch das im Jahr 2002 gestartete Bundesprogramm Ökologischer Landbau inklusive seiner praxisorientierten Forschungsförderung beigetragen.

Bedauerlicherweise ist parallel das verfügbare Forschungsbudget im diesem Bundesprogramm kontinuierlich gesunken, von 14 Mio. Euro im Jahre 2003 auf 7,3 Mio. Euro im Jahr 2006. Hätten die vorgesehenen weiteren Kürzungen gegriffen, wäre das Budget ab 2008 auf nur noch etwa 5 Mio. Euro jährlich gesunken. Das sind lediglich 10 % dessen, was allein das BMELV in Forschungsvorhaben zum Bereich der Nachwachsenden Rohstoffe steckt.

 

Warum sollte an der Ökolandbauforschung und Förderung nicht gespart werden?

 

Der Biosektor steht noch am Beginn seiner Entwicklung. Derartige ‚infant markets' benötigen vor allem in dieser Phase die sachgemäße politische und gesellschaftliche Unterstützung, sollen sie sich weiter aus eigenen Kräften entwickeln. In anderen, ebenfalls zukunftsträchtigen Bereichen, zum Beispiel Solarenergie oder Nachwachsende Rohstoffe, hat die Politik durch entsprechende Förderung sehr erfolgreich agiert, um Hemmnisse zu überwinden und einen tragfähigen Markt zu etablieren. Existenz, Struktur und Umsetzung des Bundesprogramms Ökologischer Landbau gelten im Ausland als vorbildlich.

 

Warum ist Forschungsförderung hier weiter sinnvoll?

 

Dem Ökologischen Landbau wohnen bei sorgsamer Weiterentwicklung auf dem wettbewerblichen Wege immense ökonomische, ökologische und soziale Potentiale inne. Die dynamische Nachfrage-Entwicklung birgt jedoch hohe Risiken: Hemmnisse in der Umstellung, steigende Importquoten, zunehmende Kontaminationsrisiken bei ausländischer Bioware und der auch für Biobauern zunehmende Zwang zur kurzfristigen Ertragsmaximierung anstelle einer langfristigen Optimierung. Nicht zuletzt aus diesem Grund ist neben grundlegender Forschung eine solide wissenschaftliche Begleitforschung essenziell. Deren Förderung trägt einer Entwicklung Rechnung, die in der Bevölkerung breite Unterstützung findet.

Eine Budgetkürzung und Beendigung der Forschungsförderung zum Ökologischen Landbau würde eine ausgewogene Weiterentwicklung des Biosektors im Interesse der Verbraucher ebenso wie Deutschlands Position als derzeit weltweit führender Forschungsstandort im Bereich des Ökolandbaus empfindlich schwächen.

 

Prof. Dr. Ulrich Köpke leitet das Institut für Organischen Landbau der Universität Bonn und ist Präsident der internationalen Vereinigung der Ökolandbauforscher ISOFAR