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TTIP: Verbände warnen vor Senkung europäischer Standards

Fragen an Dr. Felix Prinz zu Löwenstein vom Bund Ökologische Lebensmittelwirtschaft

Gemeinsam mit anderen Verbänden und Institutionen aus verschiedenen Bereichen hat der BÖLW im Februar das zurzeit verhandelte transatlantische Freihandelsabkommen TTIP heftig kritisiert. Inwiefern betrifft das geplante Abkommen die Biobranche? Und was sind die Hauptkritikpunkte der Verbändeallianz?

 

Trotz gegenteiliger Beteuerung aller Verantwortlichen ist zu befürchten, dass Standards beim Arbeits-, Gesundheits-, Umwelt- und Verbraucherschutz abgesenkt werden. Hier macht uns der Bereich Landwirtschaft und Ernährung besondere Sorgen. Denn bereits heute sind die meisten Handelsbarrieren zwischen den USA und der EU beseitigt. Bei den Verhandlungen kann es deshalb nur um das gehen, was für die USA noch Hindernisse sind: Agro-Gentechnik, Chlorhähnchen, Hormonmast & Co. Hier führt das grundsätzlich andere Verständnis der Amerikaner von Verbraucherschutz zu Vorstellungen, die mit unseren nicht vereinbar sind.

 

Was wäre zu ändern?

 

Nur ein Handelsabkommen, das dafür sorgt, dass die Preise die wahren Kosten widerspiegeln und diese nicht auf sozial Schwache oder die Umwelt abgewälzt werden, kann einen echten Wohlfahrtsgewinn bedeuten. Dafür müsste aber sein Zustandekommen für die Bürger transparent sein. Und es muss einen Mechanismus enthalten, der es beiden Partnern erlaubt, Standards in eigener Entscheidung weiter zu entwickeln – auch dann, wenn sie sich im Rahmen der „regulatorischen Zusammenarbeit“ auf keine gemeinsame Standardentwicklung verständigen können.

 

Die Verbände kritisieren auch undemokratische Elemente

 

Nur auf den massiven Druck der Zivilgesellschaft hin wurde – lange nach Beginn der Verhandlungen – veröffentlicht, was das Verhandlungsmandat der EU ist. Mit welchen Forderungen die USA in die Verhandlungen gehen, ist nach wie vor Geheimsache. Dass am Ende die Parlamente über das Abkommen abstimmen werden, macht aus solcher Kungelei keinen demokratischen Vorgang, weil es dann heißen wird, dass es jetzt fertig verhandelt und deshalb nicht mehr aufzuschnüren ist.

 

Wirtschaftsminister Gabriel ist ja auf die Kritiker des Abkommens zugegangen, auch weil er damit einen Goldstandard im Welthandel setzen will: Hilft das, Kritik und Risiken zu berücksichtigen?

 

Gabriels Vorschlag, für Streitigkeiten aus dem Abkommen private Schiedsgerichte durch einen internationalen Gerichtshof zu ersetzen, öffnet an diesem Punkt eine neue Diskussion. Aber dass europäische Standards nicht aufs Spiel gesetzt werden? Angesichts der amerikanischen Interessenslage mindestens bei Landwirtschaft und Ernährung fehlt mir die Zuversicht. Vor allem, weil auch Gabriel keinen Plan für eine künftige Entwicklung von Standards hat, die den Partnern des Abkommens die Freiheit einer souveränen Entscheidung lässt.

 

Fragen: Michael Olbrich-Majer

Mehr unter: http://www.boelw.de/uploads/media/2015_TTIP_5_Punkte_Papier.pdf