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Berater des Kommissionspräsidenten fordert Umkehr der EU-Agrarpolitik

Betonung auf Nachhaltigkeitskriterien und Förderung ländlicher Regionen

 

Eine Abkehr von flächendeckenden Direktzahlungen zugunsten von Nachhaltigkeitsgeboten und der Stärkung ländlicher Regionen – dazu rät der Sonderberater für nachhaltige Entwicklung beim Europäischen Zentrum für politische Strategie, Karl Friedrich Falkenberg. Der ehemalige EU-Generaldirektor für Umwelt kritisiert die EU-Landwirtschaft deutlich. In seinem an die Kommission gerichteten Papier zur Nachhaltigkeit der EU heißt es: Finanzielle Unterstützung sollte nur gegen Leistung für nachhaltige Ziele bereitgestellt werden. Kreislaufdenken sei wieder stärker in der Landwirtschaft zu verankern. Die aktuelle Politik der Flächenzahlungen unterstütze aber „vor allem Großbetriebe in Monokulturstrukturen mit erheblichen umwelt- und sozialpolitischen Folgen.“ Nur durch die verstärkte Ausrichtung auf anerkannte Allgemeingüter könnte der Agrarhaushalt, der einen erheblichen Teil des EU-Budgets ausmacht und dadurch immer kritisch betrachtet wird, in seinem aktuellen Umfang erhalten bleiben.

 

Den Landwirt mehr in den Mittelpunkt stellen, den ländlichen Raum und die Landschaft hegen und pflegen, Raum für Differenzierung bilden und Vielfalt und Qualität fördern, sind wesentliche Vorschläge: Das Setzen auf Exporte für den Weltmarkt beurteilte der Bericht dagegen kritisch, mit Hinweis auf den zusammengebrochenen Milchmarkt. Auch die zunehmend fortschreitende Technisierung in der Landwirtschaft sieht Falkenberg mit Skepsis: Deren hohe Preise müssten erst einmal über den Umsatz erwirtschaftet werden. In einigen Regionen biete die Rückkehr zu klassischen Produktionsverfahren da bessere Einkommen.

 

Als zukunftsorientiert empfiehlt der Sonderberater die stärkere Berücksichtigung von Gesundheits- und Umweltaspekten im Rahmen der ländlichen Entwicklung und Landwirtschaftspolitik und eine dementsprechend wirtschaftliche, soziale und umweltpolitische Verzahnung: Natur könne einen wichtigen Beitrag leisten, den Gefährdungen der Gesundheit der EU-Bürger zu begegnen. Ein ganzheitlicher Ansatz, z.B. das Natural Capital Financing Facility der Europäischen Investitionsbank könne hier unterstützend wirksam sein. Und: je mehr Nachhaltigkeitskriterien berücksichtigt würden, desto mehr könnten Arbeitsplätzen auf dem Lande erhalten bzw. geschaffen werden. Falkenbergs Denkfabrik ist direkt dem EU-Präsidenten Jean-Claude Juncker unterstellt.

 

Bereits bei der letzten Agrarreform hatte sich der damalige EU-Agrarkommissar Ciolos an dieser Aufgabe versucht und war im EU-Abstimmungsprozess gescheitert. Aktuell haben die in der IFOAM EU Group organisierten europäischen Bioverbände einen Vorschlag ausgearbeitet, der in die gleiche Richtung weist: Abschaffung der sogenannten ersten Säule aus Flächenpauschalen und stattdessen gesellschaftlich-ökologische Leistungen honorieren: Kriterien könnten z. B. sein: Agrobiodiversität, Bodenfruchtbarkeit, Klimaschonung, Qualität von Luft und Wasser, Landschaft, Tierwohl. Dafür sollten 80 Prozent des EU-Agrarhaushalts bereitgestellt werden. l

Red.

 

Sustainability Now. An European Vision. http://ec.europa.eu/epsc/publications/notes/sn18_en.htm