Kurz & aktuell

Bundestags-Petition Pestizidkontrolle

Fragen an Thomas Radetzki,
Imkermeister und Vorstand Der Aurelia Stiftung

Lieber Thomas, du sammelst ab März Mitunterzeichner für Deine Pe­tition an den Bundestag, die mehr Kontrolle bei Pestiziden fordert. Nun gibt es für diese sowohl Zulassungsverfahren als auch Lebenmittelmonitoring und das Bewusstsein für die Gefährdung der Bienen ist gestiegen. Was fehlt?

Gerade weil das Bewusstsein für die Gefährdung der Bienen steigt, haben wir jetzt eine Riesenchance, die absolut unbefriedigenden Zulassungsverfahren und das völlig unzureichende Lebensmittel-Monitoring in Bezug auf Pestizide zu verbessern. Ein Beispiel: Vor drei Jahren habe ich erstmals auf die erschreckend hohe Glyphosat-Belastung von Honig aufmerksam gemacht. Bis dahin wurde das von den zuständigen Kontrollbehörden nicht untersucht. Praktisch keiner wusste davon, obwohl Glyphosat schon seit Jahrzehnten in der Landwirtschaft eingesetzt wird. Leider gibt es bisher unterm Strich keine ausreichenden Kontrollen gegen die Pestizid-Verschmutzung von Lebensmitteln und unserer Umwelt. Damit sich das ändert, brauchen wir zuallererst ein wesentlich strengeres Zulassungsverfahren für Pestizide.

Für welche Maßnahmen setzt sich die Petition vor allem ein?

Das Wichtigste ist, das endlich die subletalen Effekte von Pestiziden untersucht werden, also die Effekte auf das Nervensystem der Bienen, die nicht unmittelbar tödlich sind, sondern verzögert auftreten und meist unentdeckt bleiben, weil die betroffenen Bienen häufig nicht mehr zurück zu ihrem Stock finden und irgendwo im Gelände verenden. Besonders gefährdet sind dadurch die Wildbienen. Die Hälfte der rund 560 Wildbienenarten in Deutschland ist bereits stark bedroht.

Ein anderes Problem, das bisher nicht untersucht wird, sind die zum Teil gefährlichen Kombinationseffekte, die durch den gleichzeitigen Einsatz verschiedener Pestizide entstehen. Bei einigen Wirkstoffen kann sich die Wirkung bis ins tausendfache steigern, wenn man sie miteinander mischt. Bei den Risikoprüfungen wird das bisher nicht berücksichtigt. Das Gleiche gilt für die Rückstände von Pestiziden im Boden und in Gewässern. Wir brauchen deshalb dringend eine objektive und unabhängige Risikoprüfung, die all diese Faktoren miteinbezieht und nicht einfach von den Herstellern selber gemacht wird.

Welche Chancen räumst Du ihr ein und wie geht es dann weiter, wenn der Bundestag die Petition annimmt?

Mein Gefühl sagt mir, dass wir große Chancen auf Erfolg haben. Es gibt so viele Menschen, die die Probleme sehen und etwas gegen das Insekten- und Artensterben tun wollen. Sie merken auch, dass meine Petition fachkompetent ist und konkrete Reformvorschläge macht. Deshalb haben wir mittlerweile eine Reihe prominenter Unterstützer, die sich vor die Kamera stellen und sagen: „Liebe Leute, da muss jetzt was passieren. Macht auch mit.“ Wenn 50.000 Unterschriften zusammenkommen, ist damit zu rechnen, dass ich meine Forderungen in einer öffentlichen Anhörung vorbringen und mit den Politikern diskutieren kann. Ich wünsche mir, dass wir den Rekord für die meisten Unterschriften bei einer Bundestags-Petition knacken. Das würde bei unseren Volksvertretern noch einmal das Problembewusstsein und den Handlungsdruck erhöhen, in Sachen Insektenschutz endlich konkret zu handeln, statt nur schöne Worte darüber zu verlieren. Die haben wir aus dem Landwirtschaftsministerium schon genug gehört.

(Fragen: Michael Olbrich-Majer)

Unterstützer der Petition können sich inzwischen auf der Webseite www.pestizidkontrolle.de eintragen und werden informiert, sobald der Deutsche Bundestag die Petition offiziell angenommen hat und die vierwöchige Zeichnungsfrist beginnt.