Kurz & aktuell

Was bringen Humuszertifikate?

Fragen an Dr. Christopher Brock, Forschungskoordinator im Demeter e.V.

Lieber Christopher, was sind Humuszertifikate?

Humuszertifikate sollen Betrieben einen Aufbau der Humusvorräte in den Böden bescheinigen und erkennen so die positiven Leistungen der entsprechenden Bewirtschaftungssysteme an. Aktuell werden Humuszertifikate im Rahmen privatwirtschaftlicher Initiativen zum freiwilligen CO2-Handel ausgestellt. Firmen, die an solchen Initiativen teilnehmen, können u.a. durch den Kauf von Humuszertifikaten die eigenen Emissionen ausgleichen. Humuszertifikate sind bisher nicht Bestandteil des offiziellen Europäischen Emissionshandels – es besteht jedoch ein wachsendes Interesse daran, Humusaufbau als CO2-Senke aufzunehmen.

Würde sich das für die Betriebe lohnen?

Bestimmt – denn in den emittierenden Sektoren besteht ein großer Bedarf an C-Senken, die sicher auch gut finanziert würden. Und im Ökolandbau ist die Speicherung von Kohlenstoff im System angelegt, denn eine gute Versorgung der Böden mit organischer Substanz ist hier grundlegende Produktionserfordernis. Allerdings geht es dabei primär um die Schaffung biologisch aktiver Systeme. Stabile C-Lager haben wenig Wert und können sogar kontraproduktiv sein, weil da ja gerade kein Umsatz der organischen Substanz angestrebt wird. Von daher halte ich es für den falschen Ansatz, die Kohlenstoffspeicherung in den Mittelpunkt zu stellen.

Wo liegt denn das Problem?

Wenn Humuszertifikate dazu führen, dass Betriebe der Versorgung ihrer Böden mit organischer Substanz mehr Beachtung schenken und Firmen ihren Umweltwirkungen, dann ist das eine gute Sache! Gefährlich wird es aber, wenn mit Humusaufbau in der Landwirtschaft Emissionen von fossilem C ausgeglichen werden sollen. Die emittierte C-Menge aus fossilen Quellen nimmt stetig zu, während die C-Vorräte in Böden mit der Zeit ein Fließgleichgewicht aus Zufuhr und Abbau erreichen. Zudem müsste die C-Speicherung dauerhaft sein, um eine wirkliche Senke darzustellen. Das ist kaum zu gewährleisten, da sich das C-Niveau im Boden an das Zusammenspiel von Standortbedingungen und der Zufuhr an organischer Substanz anpasst und damit dynamisch ist.

Welche Alternativen gibt es, um CO2 zu binden?

Alternativen zur Versorgung der Böden mit organischer Substanz gibt es nicht – die ist unverzichtbar! Zusätzlich kann man aber in der Landwirtschaft vor allem über Biomasse C speichern – z.B. durch eine optimale Ausnutzung der Vegetationszeiträume und über Mischkultursysteme bis hin zum Agroforst. Wir können so zu einer klimapositiven Landwirtschaft kommen, die nicht nur die eigenen Emissionen ausgleicht, sondern auch noch einen Teil der sonstigen Emissionen. Das geht aber nur, wenn kein fossiler Kohlenstoff mehr emittiert wird, sondern C-Bindung und Emissionen in zeitlich halbwegs übereinstimmenden Kreisläufen ablaufen.

 

Fragen: Katrin Bader

Literaturtipp - BonaRes-Standpunkt zu Humuszertifikaten: orgprints.org/id/eprint/37953/