Kurz & aktuell

Vermeintlich nachhaltig

Techno-Fixes sind keine Lösungen für die Landwirtschaft

Fragen an Dr. Andrea Beste, Autorin der Studie „Greenwashing & viel Technik“.

Frau Beste, was sind Techno Fixes?

Der Begriff beschreibt Lösungsvorschläge mit technikfixierter Sichtweise, die insbesondere ökologische oder soziale Faktoren zu wenig berücksichtigen. In meiner Studie für das Europaparlament sind damit technische Lösungen gemeint, die das Auslaufmodell der energieaufwändigen, industriellen Intensivlandwirtschaft mit hohem externem Input von Düngemitteln und Pestiziden aufrechterhalten, statt das Systemversagen an den Ursachen anzugehen.

Warum sind die Lösungsvorschläge so problematisch?

Sie werden aufgrund ihrer eindimensionalen Herangehensweise vernetzten Problemen nicht gerecht. Ursachen des Funk­tions­­versagens werden nicht beseitigt, son­­dern es wird mittels modern klingender Technik versucht, Ergebnisse aufzuhübschen. Ein Beispiel ist die sogenannte Präzisionslandwirtschaft, die angeblich viel umweltfreundlicher sein soll, aber die ökologischen Probleme der Intensivlandwirtschaft nicht behebt: In einer Folgenabschätzung zu Präzisionstechniken in der Landwirtschaft kommt das Thünen-Institut zum Ergebnis, dass damit bei Pestiziden und Düngemitteln nur Einsparungen im niedrigen einstelligen Prozentbereich erreicht werden können. Das klingt nicht nach Trendumkehr. Das mag unter dem Aspekt der Effizienz gerade noch sinnvoll erscheinen, doch ist auch ein beträchtlicher Kapital- und Technikaufwand notwendig. Da stellt sich nicht nur die Frage nach der Ökobilanz, sondern auch nach der ökonomischen. Darüber hinaus finden Rebound-Effekte kaum Berücksichtigung: Durch den Einsatz mitteleinsparender Technologie steigt die Profitabilität und es besteht so ein Anreiz für eine noch intensivere Produktion. Das wäre sogar kontraproduktiv.

Also ist Ökolandbau „die“ Lösung?

Auf jeden Fall bietet der Ökolandbau deutlich größeres Potenzial, negative Umwelteffekte zu verringern, denn er vermeidet ja durch den Verzicht auf synthetische Mineraldüngung und Pestizide eben die Faktoren, die für den Großteil der schädlichen Umwelteffekte im konventionellen Bereich verantwortlich sind – ganz ohne teure Zusatztechnik. Das hat der Thünen Report 65 „Leistungen des ökologischen Landbaus für Umwelt und Gesellschaft“ sehr klar gezeigt.

Natürlich gibt es auch sinnvolle Einsatzbereiche der digitalen Technik im Ökolandbau: Das Ausbringen von Schlupfwespen zur biologischen Schädlingsregulierung mit der Hilfe von Drohnen oder der ferngesteuerte Klein-Hack-Roboter können auch in vielfältigen Systemen zum Einsatz kommen. Es sind angepasste Lösungen, ohne hohen Technik-, Kapital- und Datenaufwand. Auch Open-Source Plattformen zum Wissensaustausch und zur Vernetzung von Praktikern weltweit sind ausgesprochen nützliche Anwendungen digitaler Technik. Sie vermehren im Übrigen die Eigenständigkeit und das Urteilsvermögen der Landwirte, statt sie abhängig von vorgefertigten Spritz- und Düngekalendern der Großindustrie zu machen. Wir sollten mehr in Wissensvernetzung, Vermittlung von Know-How und Erfahrungswissen sowie in Kommunikation untereinander investieren, als in die digitale, kapitalintensive Hochrüstung auf dem Acker, die dem Praktiker beim Erkenntnisgewinn über sein Agrarökosystem und bei der Beobachtung ökologischer Prozesse nicht nur wenig hilft, sondern sogar im Weg stehen kann.

 

Fragen: Katrin Bader

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