Portrait

Demeter-Hof Bentele

Apfel- und Hopfenanbau am Bodensee

von Katrin Bader

Der Hof der Familie Bentele ist seit 1806 in Familienbesitz und wird seit 1984 nach Demeter-Richtlinien bewirtschaftet. Johannes Bentele verbindet Tradition mit moderner Technik und legt besonderes Augenmerk auf eine nachhaltige Ausrichtung des Betriebes.

Im Acker- und Gemüsebau kann man über Fruchtfolgen, Gründüngung und Anbaupausen den Krankheits- und Schädlingsdruck in Kulturen regulieren. Doch wie gelingt das in einem Sonderkulturbetrieb? Neben arten­reichen Blühstreifen sind vorausschauendes Handeln und der Einsatz von Kulturschutznetzen sowie Bewässerungstechnik essenziell. Hinzu kommen Pflanzenstärkungsmittel, Hecken, Biodynamische Präparate, selbst hergestellter Kompost, viel Handarbeit und Geschick sowie moderne Technik. Aus all diesen Puzzleteilen setzt sich auch am Hof der Familie Bentele das Programm an Pflegemaßnahmen zusammen, die, wenn alles gelingt, zu einer reichen Apfel- und Hopfenernte führen.

Die Grundlage: Der Boden

Die Pflege des Bodens, genauer genommen der Bodenfruchtbarkeit, spielt auch bei Sonderkulturen eine wichtige Rolle. Da Maßnahmen wie Gründüngungen oder Zwischenfrüchte wegfallen, ist der Einsatz von Kompost essenziell. Bodenfruchtbarkeit ist das A und O gesunder Pflanzen. Und die Bodenfruchtbarkeit kann durch guten Kompost unterstützt werden. Was macht ihn aus, den guten Kompost? Nach Johannes Bentele ist es die Mischung: Schilf, Pferdemist, Kuhmist, Hackschnitzel und Hopfenlaub. All das, jeweils klein gehäckselt, schichtweise als Miete aufgebaut, dann mit dem Kompostwender gut durchmischt und mit den Kompostpräparaten behandelt, ergibt einen, wie er sagt, „super Kompost“. Die Zutaten stammen alle vom eigenen Betrieb – bis auf den Pferdemist, der kommt von einem konventionellen Betrieb, der Schilfeinstreu nutzt, und der Kuhmist kommt von einem benachbarten Demeter-Betrieb. Eingesetzt wird der Kompost jährlich im Hopfen und aller drei bis vier Jahre in den Äpfeln. Etwa 1.000m³ Kompost benötigen sie jedes Jahr.

Vielfalt durch Hecken und Blühstreifen

Die Hackschnitzel für den Kompost stammen von Hecken, die Benteles in und um ihre Flächen gepflanzt haben – 3 km insgesamt. Im Hopfen nutzen sie Erlen als Abgrenzung zu konventionellen Nachbarn, auch um beispielsweise Abdrift zu vermeiden. In den Apfelplantagen sind die Hecken ein Magnet für Vögel und andere Nützlinge: Hasel, Feldahorn, Hartriegel, Schneeball und Wildrosenarten bieten Lebensraum und Futter zugleich. Um die positiven Wirkungen der Hecken als Nützlingsförderer nicht durch eingeschleppte Krankheitserreger zunichtezumachen, wird bspw. auf Quitte, Vogelbeere oder Weißdorn verzichtet, da diese den Feuerbranderreger auf die Äpfel übertragen würden.

Blühstreifen haben eine besondere Stellung bei den Benteles. Eine eigens zusammengestellte Mischung aus 28 heimischen Blühpflanzen und Kräutern ist bei den Äpfeln zwischen jeder Reihe und im Hopfen zwischen jeder zweiten etabliert. Die Streifen sind 40 cm breit und ergeben insgesamt eine Länge von rund 75 km. Sie stehen zwischen sechs und acht Jahre lang, sobald Gras dominiert, werden sie umgebrochen und neu eingesät. Die Blühstreifen werden unterschiedlich geschnitten: manche gemulcht, andere geschröpft und sie werden zu verschiedenen Zeitpunkten gemäht, sodass immer eine Vielfalt blühender Pflanzen für die Insekten und Nützlinge zur Verfügung steht. Einen Kahlschlag gibt es nie. „Seit wir die Blühstreifen in den Obstanlagen etabliert haben, gibt es keine Probleme mehr mit Spinnmilben“ freut sich Johannes Bentele über so deutliche Ergebnisse.

Schorf als Hauptproblem

Auch im Bio-Anbau wird gespritzt. Zwar mit verträglicheren, natürlichen Mitteln, wie Kupfer, Schwefel oder Schwefelkalkbrühe, Molke oder Backpulver, da diese aber nicht so lange wirken wie synthetische Mittel, müssen Bio-Bauern öfter in den Bestand fahren. „Wir sind 20- bis 30-mal mit der Spritze unterwegs, das fällt manchen Besuchern schon auf“ sagt Johannes Bentele. Bei vielen Spritzungen kommt Brennnesseljauche zum Einsatz – als Pflanzenstärkungsmittel und Nährstoffgabe. „Wir wollen ja nicht nur etwas bekämpfen, sondern die Pflanzen allgemein stärken, sodass sie weniger anfällig sind – und Brennnesseln haben wir zur Genüge“ erläutert Johannes Bentele. Auf 300 Liter Wasser geben sie 50 Liter Brennnesseljauche und bringen es gemeinsam mit den Spritzungen aus.

Wasser, Trockenheit und Extremwetter

Tierische Schädlinge und Pilze oder Bakterien sind die eine Gefahrenquelle für Äpfel und Hopfen, das Klima ist eine weitere. Zunehmende Trockenheit, dann wiederum Starkregenereignisse, Spätfröste oder Hagel – die Gefahren sind vielfältig. Um sich auf diese Widrigkeiten so gut es geht anzupassen, setzen Benteles auf Kulturschutznetze, die neben dem Schutz auch vor Hagel schützen und auch auf Bewässerung. Dafür wurde 2020 eigens ein 14.500m³ Wasserspeichersee angelegt, dessen Kosten sich bereits amortisiert haben. Das Wasser nutzen sie für die Frostschutzberegnung und als Bewässerung bzw. Trockenberegnung. Derzeit sind etwa 80 % der Flächen mit Bewässerungstechnik ausgestattet: Der Hopfen zu 100 % und die Äpfel zu 75 %, das Ziel sind auch hier 100 %. Im Jahr 2022 konnten sie den Hopfen im trockenen Sommer zum Glück komplett bewässern, sonst wäre die Ernte komplett ausgefallen. In den Äpfeln hatten sie 2017 durch einen Spätfrost einen Ernteausfall von 90 % – so etwas soll nicht nochmal passieren.

„Der Hopfen will seinen Herren täglich sehen“

In dieser Bauernweisheit steckt viel Wahres, denn die Arbeitsschritte im Hopfenanbau sind vielfältig und vielzählig. Ende Winter werden die Hopfenpflanzen bodentief abgeschnitten. Wenn im Frühjahr die jungen Triebe aus den Wurzelhorsten austreiben, ist es Zeit zum Dämme aufschütten – das wird mit einer Gabe Kompost kombiniert, denn Hopfen ist ein Starkzehrer und braucht eine gute Nährstoffversorgung. Danach werden die Drähte gespannt bzw. gestupft, wie es im Hopfenjargon heißt. Die 1,2mm starken Drähte sind in acht Metern Höhe am Hauptgerüst befestigt und werden jedes Jahr erneuert, da sie bei der Ernte mit abgeschnitten und kompostiert werden. Je Pflanze werden zwei Drähte gespannt, pro Draht zwei bis drei Triebe angeleitet, der Rest wird weggeschnitten. Ein zweiter Häufelgang dient der Unkrautunterdrückung. Der untere Bereich des Hopfens wird bis zu dreimal entblättert, sodass in den Reihen eine gute Belüftung möglich ist und dadurch ein trockenes Klima herrscht. Unkraut wird bei Bedarf auch abgeflammt, denn die Devise lautet „sauber und trocken halten“. Läuse, Spinnmilben und Peronospora sind die größten Probleme im Hopfenanbau. Nach dem Erfolg der Blühstreifen im Apfelanbau gegen die Spinnmilbe erhoffte sich Johannes Bentele die gleiche Wirkung im Hopfen – und sollte Recht behalten: „In den neuen Anlagen, die wir von konventionellen Kollegen übernommen haben und wo noch keine Blühstreifen etabliert sind, haben wir noch Spinnmilbenprobleme.“

Im Anbau sind die Sorten Tettnanger – eine Lokalsorte mit feinem Aroma, Hallertauer Tradition, Ariana, Herkules, Saphir, Spalter Select und Perle vertreten. Die Pflanzen der Lokalsorte können teilweise bis zu 80 Jahre alt werden. Benteles haben 2020 angefangen, ihre Hopfengärten mit Hagelschutznetzen auszustatten. Aktuell sind etwa 25 % der Gärten benetzt, was normalerweise nicht üblich ist. Das Netz dient gleichzeitig auch als Sonnenschutz bei Hitzetagen und bewahrt die Blätter vor Sonnenbrand. Das Netz schränkt jedoch auch die Belüftung in den Anlagen ein, und Benteles konnten mehr Spinnmilben im Hopfen unter Netz beobachten. Hier wird sich zeigen, wie die Blühstreifen in Zukunft helfen, diesen Befall zu regulieren.

Geerntet wird der Hopfen ab Ende August bis Mitte September. Dafür ist eine Ernte­maschine im Einsatz, und die in 2021 neu gebaute Hopfenhalle beherbergt zwei Pflückmaschinen und eine neue Trocknungsanlage. Innerhalb von sechs Stunden wird der Hopfen von 80 auf 10 % Restfeuchte runtergetrocknet. Nur so behält er seine grasig-grüne Farbe und das einzigartige Aroma. Den Reinigungs- und Trocknungsservice bieten Benteles auch für Kollegen an, um die Auslastung der Spezialmaschinen zu erhöhen.

Besonderheiten im Apfelanbau

Ein lichter Baum, der gut abtrocknen kann, ist die Basis für gesunde Äpfel. Denn so wird Pilzen die Wachstumsgrundlage genommen. Daher ist der Baumschnitt auch eine wichtige Arbeit und wird von seiner Tochter Mia und drei geschulten Mitarbeitern vorgenommen. Ganz zu vermeiden sind Pilze dennoch nicht. Daher ist eine wichtige vorbeugende Pflanzenschutzmaßnahme, um den Befall in einem verträglichen Maß zu halten, das Anhäufeln. Dabei wird Laub aus dem Vorjahr, das mit Pilzsporen behaftet ist, mit Erde abgedeckt, um den Sporen den Weg vom Boden in den Baum zu erschweren. Danach folgen weitere Hackgänge, um den Beikrautbewuchs in den Reihen gering zu halten.

Die Apfelbäume werden als Spindeln gezogen, maximal 3,5 m hoch, und sind auf einer M9 Unterlage veredelt – die sorgt für langsames Wachstum. Im Anbau sind Topaz, Elstar, Pinova, Boskoop, Jonagold, Braeburn, Idared, Natyra – die zwischen Mitte August bis Ende Oktober geerntet werden. Die Kulturschutznetze in vier Metern Höhe schützen die Äpfel vor Hagelschlag, dessen Verletzungen ideale Eintrittspforten für bspw. Feuerbrand oder Pilze wären. Eine wesentliche Schadquelle sind Mäuse – die werden durch die Blühstreifen teilweise begünstigt, waren aber auch vor den Blühstreifen schon da. „Wir sind hier einfach eine Mäuseregion, daran können wir so schnell nichts ändern und müssen uns arrangieren“, so Johannes Bentele. Bei den Mäusen hilft nur die Jagd: Etwa ein Drittel seiner Arbeitszeit verbringt „der Mäuser“ mit dem Mausefang. Wenn man nichts gegen die Nager unternimmt, können sie jährlich zwischen 200 bis 300 Bäume bis zum Totalausfall schädigen.

Ab August spritzen Benteles wöchentlich Hornkiesel zur besseren Ausreifung und erhalten wunderbar rotbackige Äpfel. Diese Arbeit liegt hauptsächlich in der Hand von Mia, der 20-jährigen Tochter von Johannes Bentele. Sie ist gelernte Gärtnerin Fachrichtung Obstbau und ist derzeit auf der Meisterschule. Sie wird wahrscheinlich bald in den Betrieb einsteigen. Außerdem wurde sie zur Bodensee-Apfelprinzessin 2022 gewählt – als erste Bio-Bäuerin überhaupt.

Tierhaltung in den Betrieb integrieren

Seit 2022 sind wieder Tiere auf dem Bentele-Hof. Von einem befreundeten Milchviehbauern nehmen sie jährlich, so der Plan, vier Kälber auf, um sie auf ihren meist steilen Grünflächen weiden zu lassen. Pro Jahr sollen, mit ca. 20 bis 24 Monaten, vier Tiere geschlachtet und im Familienkreis bzw. der Direkt­vermarktung verkauft werden. Kürzlich wurde das erste Tier geschlachtet und die 216 kg Fleisch waren von bester Qualität.

Lagerhaltung und Vermarktung

Im Jahr 2017 haben Benteles eine Apfel­sortieranlage gebaut, ein 460 Tonnen ULO-Lager (ultra low oxygen) und mehrere Kühlräume dienen der Lagerhaltung und ermöglichen eine ganzjährige Vermarktung der Äpfel. Die ist kaskadenartig aufgebaut: Die erste Wahl, optisch makellose und ausreichend große Äpfel, gehen in den NKFH (60 – 70 % der Ernte) bzw. zu Feneberg, ein LEH mit circa 70 Filialen (30 – 40 %). Die zweite Wahl, mit wenigen optischen Mängeln oder etwas kleiner als „die Norm“, geht in den Direktverkauf ab Hof. Was dort nicht mehr verkauft werden kann, geht in die Saftpressung und Schnapsproduktion – denn der Hof hat sogar noch ein eigenes Brennrecht für die Hofstelle. So werden die Äpfel restlos verwertet und nichts verschwendet. „Das spannende an „fehlerhaften“ Äpfeln ist tatsächlich, dass sie durch einen leichten Rostbefall geschmacksintensiver sind, als ihre makellosen Geschwister“, erwähnt Johannes Bentele.

Der Hopfen wird meist als Pellet gepresst und vakuumiert verkauft. So verpackt hält er bis zu zehn Jahre und behält sein Aroma. Die Pelletpressung lassen Benteles in der Hallertau, dem größten zusammen­hängenden Hopfenanbaugebiet der Welt, machen. Der Hopfen ist Demeter- und Bioland-zertifiziert, da es nur wenige Demeter-­Brauereien gibt: Vier Demeter-Biere enthalten den Bentele-Hopfen, etwa 50 % der Ernte geht in Bioland-Biere und der Rest wird als EU-Bio-Ware verkauft. Neben den Brauereien zählen beispielsweise auch der Teeproduzent Sonnentor, zwei Schweizer Arzneifirmen und auch Wala zu den Kunden, die den Hopfen bei Benteles beziehen.

Der Bentele-Hof ist ein Familienbetrieb, in dem kaum Stillstand herrscht. Nicht nur die Vielzahl der Mitarbeiter verschiedener Nationen sorgt für Abwechslung. Immer wieder wird Neues ausprobiert, um bestehende Systeme und Abläufe zu optimieren. Die Nutzung erneuerbarer Energien, E-Fahrzeuge in den Anlagen oder Wärmerückgewinnung aus der Hopfentrocknung sind nur ein paar Beispiele dafür, wie sie mit moderner Technik die Tradition des Apfel- und Hopfenanbaus in die Zukunft führen.

 

Autorin: Katrin Bader
Redaktion Lebendige Erde, Katrin.bader(at)demeter.de

Hof Bentele

  • Familienbetrieb seit 1806, Demeter seit 1984

  • Betriebsleiter: Johannes Bentele

  • Mitarbeiter: Tochter Mia, 2 Lehrlinge, 4 Festangestellte & ca. 25 Saisonarbeiter

  • Fläche: Äpfel 19 ha, Hopfen 20 ha, Grünland 12 ha, Feuchtwiesen 0,5 ha, Wald 1,8 ha, Hecken 3 km

  • Vermarktung: Naturkostfachhandel, Einzelhandel (Feneberg), Tee- & Arzneihersteller, Brauereien, Direktvermarktung

Benteles‘ Biohof, Wellmutsweiler 2, 88069 Tettnang