Portrait

Vollerwerbsimkerei in Märkisch-Oderland

Imkerei Heilmann

von Katrin Bader

Jasper Heilmann und Hanna Schirm-Heilmann führen seit 2019 eine der wenigen Demeter-Vollerwerbsimkereien. Auf dem Hof Apfeltraum in Eggersdorf, einem Demeter-Hof östlich von Berlin, haben sie gemeinsam mit ihren beiden Kindern, zwei und sieben Jahre alt, ihren Lebens- und Arbeitsort gefunden. Mit den anderen Menschen des Hofs diesen als Hofgemeinschaft zusammen zu beleben und zu gestalten ist für Familie Heilmann ein Glück. Die Bienenstandorte mit jeweils 20 - 30 Völkern sind auf ökologisch bewirtschafteten Flächen, größtenteils Demeter-Betrieben, im Umkreis von 30km um den Betriebssitz.

Jasper studierte in Eberswalde Ökolandbau und Vermarktung an der Hochschule für nachhaltige Entwicklung. Bereits im Studium hatte er Interesse an Bienen. Damals nahm er sich vor, selbst Bienen zu halten, sobald er sesshaft würde. Das war im Jahr 2013 der Fall, als er bei Demeter Berlin-Brandenburg als Ansprechpartner für die Bauern und die Präparatearbeit am Standort in Eggersdorf, auf dem Demeter-Hof Apfeltraum, anfing zu arbeiten. Im gleichen Jahr kaufte er zwei Bienenvölker und fing ein paar Schwärme ein – der Anfang seiner Bienenhaltung war gemacht, wenn auch zu Beginn eher als Hobby und zur Selbstversorgung. Über die Jahre wuchs sein Bestand auf zunächst knapp 100 Völker an, Kontakte zu Demeter- und Bioland-Imker:innen und auch Kurse zu wesensgemäßer Bienenhaltung erleichterten ihm den Einstieg in die Erwerbsimkerei, die er sich sonst größtenteils autodidaktisch erschloss. Den Schritt in den Haupterwerb machte er Anfang 2019: „Die Idee von einem eigenen biodynamischen Betrieb hat mich schon immer gereizt, und mit den Bienen zu starten war relativ einfach möglich – ich musste kein Land kaufen und brauchte im Vergleich zu anderen landwirtschaftlichen Betrieben wenig Startkapital“ erinnert er sich.

Standort, Arbeitsteilung und Perspektiven

Am Hof Apfeltraum wurde mithilfe der Regionalwert AG Berlin-Brandenburg im Jahr 2019 eine verfallene Feldsteinscheune saniert. Die Hofgemeinschaft suchte gemeinsam mit der Regionalwert AG nach Menschen mit Nutzungsideen. Jaspers und Hannas Konzept überzeugte, 2020 zog die Familie in die Wohnung im Obergeschoss ein; Schleuderraum, Arbeitsräume, Honiglager und Werkstatt befinden sich im Erdgeschoss. Die Imkerei wurde als Mieter Partnerbetrieb im Netzwerk der Regionalwert AG. In einem Teil der Räumlichkeiten wollen sie zukünftig einen kleinen Hofladen einrichten. „Wir würden gerne unsere und weitere Produkte vom Hof verkaufen, und auch als Einkaufsgemeinschaft Produkte von anderen Demeter-Höfen in der Gegend anbieten.“ beschreibt Hanna ihr Vorhaben. Hanna ist Umweltpädagogin, hat auch in Eberswalde studiert, wo sich beide kennengelernt haben. Für Kinder erlebbar zu machen, wo ihr Essen herkommt, ist ihr ein Herzensanliegen. Der Hof Apfeltraum ist langjähriger Partnerhof der Sarah-Wiener-Stiftung, die genau dieses Anliegen fördert. Projekttage für Kindergruppen zu gestalten, übernimmt Hanna seit einigen Jahren auf dem Hof. Seit dieser Saison ist sie in der Imkerei in einem „Probejahr“, wie sie es nennt: „Es war meine Idee, nach der zweiten Elternzeit als Arbeitskraft in die Imkerei einzusteigen und wir testen jetzt, ob es klappt – also einerseits, ob das Einkommen ausreicht, andererseits, ob die Arbeitsteilung und das gemeinsame Arbeiten für uns stimmig sind.“ fasst sie die aktuelle Situation zusammen. Hanna wird einerseits das Projekt Hofladen ankurbeln, andererseits fällt auch der Bereich der Vermarktung in ihre Hände: Laden- bzw. Händlerakquise, Marketing, Onlineshop und der Versand von Bestellungen. Der Onlineshop existiert seit 2021 und wurde damals eher spontan eingerichtet. Als Möglichkeit der Direktvermarktung wird er zunehmend wichtig und soll dementsprechend ausgebaut werden.

Vitale Königinnen von Beginn an

Neben den Wirtschaftsvölkern und der regulären Nachzucht über Schwärme und Ableger sowie über aufgeteilte Völker mit Schwarmzellen, sind sogenannte „Mini Plus“ Einheiten eine wichtige Säule der Imkerei geworden. Die kleinen Beuten mit fünf Waben werden genutzt, um in der Zeit des Überflusses an Schwarmzellen möglichst viele Königinnen von besonders guten Völkern aufzuziehen. Die Herausforderung an dieser eigenen Königinnenzucht ist die kurze Zeit, in der natürliche Schwarmzellen entstehen, manchmal nur zwei bis drei Wochen im Jahr. Im Vergleich mit der weithin in der Bioimkerei üblichen künstlichen Königinnenzucht durch Umlarven sind die Königinnen ab Stunde null perfekt versorgt.

Die Königinnen werden im Spätsommer genutzt, um ausfallende Altköniginnen zu ersetzen und um Völker mit unerwünschten Eigenschaften umzuweiseln. Zur Selektion nutzt Jasper, inspiriert durch Norbert Poeplau von der Fischermühle, ein sehr einfaches Notensystem: Immer wenn ein Volk geöffnet wird, wird eine Note von 1 – 6 auf dem Deckel vermerkt. Dabei geht Jasper intuitiv vor. Es geht weniger um einen Kriterienkatalog als um einen Gesamteindruck von dem individuellen Bienenvolk im Verhältnis zur Umwelt (Standplatz) und im Vergleich mit den anderen Völkern am Stand.

Sein Ziel ist es, im April noch Völker zu verkaufen und mit rund 170 Honigvölkern in die Saison zu starten, hinzu kommen ab Mai Vermehrungseinheiten, also Schwärme, Jungvölker und Mini Plus Einheiten. Über den Sommer wächst der Bestand auf etwa 300 Bienenvölker.

Zeit für die Familie

In den ersten Jahren seiner Imkertätigkeit reiste Jasper mit seinen Völkern von Tracht zu Tracht, suchte verschiedene Standorte auf, was wesentlich mehr Aufwand, Planung und Zeit beanspruchte. Als junger Familienvater setzte er sich 2022 selbst das Ziel, auch in der Saison die Wochenenden mit Hanna und seinen Kindern zu verbringen. Darum ist er beständig darum bemüht, Arbeitsabläufe zu optimieren. Damit einhergehend war auch die Fokussierung auf wenige Wanderungen und mehr Standimkerei. In den ersten fünf Jahren hat er viel dazugelernt, die Abläufe und passende Technik haben sich eingefunden, alles ist an Ort und Stelle, schnell griffbereit. „In der Optimierung der Abläufe machen sich auch kleine Sachen bemerkbar: Sind die Laufwege im Lager frei, komme ich mit dem Hubwagen überall schnell durch, oder muss ich erst Zeug zur Seite räumen? Welche Geräte brauche ich wirklich, funktionieren sie gut, oder müssen Teile ausgetauscht werden?“ berichtet Jasper und fährt fort: „Wenn ich meine Arbeit gut organisiere, technisch so ausstatte, dass ich keine 20 Tonnen Beuten in der Woche heben muss, sondern auf einem Hänger einen Kran dafür dabeihabe, dann lässt mir das auch mehr Zeit für die Bienen, um sie zu beobachten und sofort reagieren zu können, wenn ich Probleme erkenne.“. Seit 2023 unterstützt zudem ein Mitarbeiter mit zehn Stunden die Woche die Imkerei.

Wertvoller Honig

Der Honig wird möglichst schonend verarbeitet und möglichst direkt nach der Ernte, vor dem ersten Festwerden abgefüllt. Nur im Fall von besonders großen Ernten wird der Honig in Fässern zwischengelagert. Beim Schleudern wird auf eine Honigpumpe verzichtet – der Honig wird in Eimer geschleudert und von Hand in die Klärfässer gegeben. Allerdings bedeutet dieses Vorgehen eine stärkere Arbeitsbelastung in der Saison. Die Holzbeuten, 10er Dadant mit Flachzargen als Honigräume, um genau zu sein, sind alle selbst gebaut. Die 15 Zentimeter hohen Flachzargen sind gut geeignet, da so auch sortenreiner Honig geerntet werden kann; große Kisten wären zu schwer und werden bei kleinen Trachten sonst nicht voll. Außerdem sind durch die Flachzargen auch mal kurze Zwischentrachten wie Kornblume möglich.

Für die Honigernte nutzt Jasper eine Bienenflucht, eine Art Reuse, um die Honigwaben Bienenfrei zu bekommen. Diese wird zwischen Brutraum und den vollen Honizargen eingelegt. Die Bienen folgen dem Duft der Königin und verlassen innerhalb von einigen Stunden die Honigwaben. Am folgenden Tag können die Zargen dann abgeerntet werden. Der Einsatz der Bienenflucht ist allerdings nur mithilfe des Absperrgitters möglich, das die Königin daran hindert, im Honigraum Brut anzulegen. Der Prozess dauert etwa einen Tag und ist für Jasper die schonendste Art, um den Honig zu gewinnen: „Alternativ könnte man die Bienen von den Waben abfegen, aber dabei werden einige zerquetscht und gerollt und es macht die Tiere unruhig – je nach Trachtsituation kann schnell Räuberei entstehen, die so heftig sein kann, dass die Arbeit abgebrochen werden muss. Da finde ich die Bienenflucht wesentlich schonender und effektiver.“

Die vollen Honigwaben durchlaufen dann eine Entdeckelungsmaschine, die den Wachsdeckel abschneidet. In einer Edelstahlschleuder werden die Rähmchen, 56 Stück auf einmal, geschleudert, sodass der Honig durch Zentrifugalkraft austritt. Pro Durchgang sind es circa drei Eimer voll. Bis zu einer Tonne Honig kann so von einer Arbeitskraft pro Tag geschleudert werden. Von den Eimern aus wird der Honig durch ein Sieb in Edelstahlfässer gefüllt, wo er sich setzen kann und dann durch ein Feinsieb in ein Lagerfass, aus Stahl oder Edelstahl, oder direkt in die Gläser.

2022 und 2023 waren sehr gute Honigjahre mit etwa 80 kg bzw. 65 kg Honig pro Volk, in der Gegend sind 40 kg Honig je Volk normaler Durchschnitt. Diese „Überproduktion“ gibt für etwaige Ausfälle einen Puffer, der Honig wird in Fässern kühl und dunkel gelagert. Weitere Produkte sind Wachs, was auch in Demeter-Kosmetik und Seifen verarbeitet wird, sowie Propolisauszug, der mit Demeter-Obstler selbst angesetzt wird. Aus dem Wachs fertigen Jasper und Hanna auch Wachsplatten und Tafeln, in der Größe von Schokoladentafeln, die sie auch im Onlineshop anbieten. Neben den Haupttrachten Frühjahrsblüte, Robinie und Sommerblüte werden auch besondere Spezialitäten wie Buchweizenhonig, Fenchel- und Kornblumenhonig angeboten. Für die Lindenblüte fährt er mit seinen Bienen nach Berlin.

Absatzmärkte Berlin und Potsdam

Der größte Markt für den Honig liegt im Großraum Berlin und Potsdam. Seit 2018 beliefern sie, mittlerweile 35, Filialen der BIO COMPANY und mehrere Naturkostläden, was den größten Teil des Absatzes im Glas ausmacht. Der Berliner Markt wird alle drei Wochen selbst von ihnen beliefert – ein direkter Kontakt zu ihren Abnehmern ist Jasper und Hanna wichtig, so haben sie auch unmittelbares Feedback, welche Sorten wo gut laufen, welche nicht, und können sich vor Ort auch die Präsentation des Honigs anschauen. „Corona hatte unseren Absatz gepusht – in den Jahren war enorm viel Nachfrage da, das Gegenteil ist jetzt der Fall, wir spüren sehr deutlich den Umsatzrückgang.“ fasst Hanna die jetzige wirtschaftliche Situation zusammen. Ein Teil des Honigs wird auch in Großgebinden an einen Demeter-Abfüller, sowie in Blecheimern an Imkerkollegen vermarktet.

Wo noch Luft nach oben besteht, ist die Nachfrage seitens der Demeter-Verarbeiter, die trotz Verfügbarkeit von Demeter-Honig Biohonige in den Rezepturen einsetzen. Daher muss ein Teil des Honigs an konventionelle Imkerkollegen verkauft werden, allerdings nur kostendeckend. „Für die Zukunft würde ich mir wünschen, dass die Demeter-Gemeinschaft an diesem Punkt mehr zusammenrückt, Verarbeiter auch auf Demeter-Honig zurückgreifen, oder auch Hofgemeinschaften, Küchen und Ladner das Potenzial ausschöpfen, was wir haben: untereinander größere Gebinde nachzufragen, Angebot und Nachfrage neu zu greifen.“ schildert Jasper seine Ansicht zum Thema.

Herausforderungen begegnen oder vorbeugen

Die Imkerei ist nicht immer nur Sonnenschein und Blütenduft. Selbstverständlich macht sich auch der Klimawandel in Brandenburg bemerkbar: Zeitigere Blüten, dann allerdings auch Spätfröste, Trockenheit. „Mir ist es wichtig, auf die Naturkräfte zu vertrauen und mich zu üben in einem Gefühl der Geborgenheit als Teil der Natur mit unseren Bienen. Sich den Ängsten vor der Veränderung nicht so sehr hinzugeben.“

Entscheidend ist für Jasper, nah an den Völkern dran zu sein: Er beobachtet die Natur und seine Bienenvölker ganz genau und findet es wichtig, den Schlussfolgerungen aus seinen Beobachtungen Taten folgen zu lassen: „Ich warte nicht lange ab, bevor ich die Völker behandele – klar kann ich mir auch Besseres vorstellen, als sie mit Ameisensäure gegen Varroa zu behandeln. Aber das Volk leiden zu lassen und zuzusehen, wie die Bienen unter der Milbe dahinvegetieren, ist für mich keine Option. Ich habe die Erfahrung gemacht, dass sich die Völker nach einer Behandlung schnell wieder erholen, gestärkt sind.“. Auch dadurch hat er wenige Ausfälle durch Krankheiten – andererseits auch durch die eigene Königinnenaufzucht und das Notensystem bedingt. Denn nur gute Völker mit den Noten eins und zwei nutzt er zur Vermehrung. So selektiert er automatisch an den Standort angepasste Bienen. „Bienengesundheit ist das A und O für uns, wir verlieren vielleicht ein bis zwei Völker pro Jahr durch Krankheiten.“ fasst Jasper zusammen. Gemeinsam gehen sie nun gespannt in die Saison und freuen sich auf den Aufbau des Hofladens, die Entwicklung weiterer Produkte aus ihrem Demeter-Honig und -Wachs sowie gemeinsame freie Wochenenden mit ihren Söhnen.

 

Katrin Bader
Redaktion Lebendige Erde
katrin.bader(at)demeter.de

Imkerei Heilmann

  • gegründet 2016, Vollerwerb seit 2019
  • Demeter-zertifiziert seit 2016
  • 200 Bienenvölker, 50 – 80 Mini-Plus Einheiten als Königinnenreserve zur Nachzucht
  • jährliche Honigproduktion gesamt: etwa 10 Tonnen
  • Sortiment: Wachs, Propolisauszug, Honig: Frühjahrsblüte, Fenchelblüte, Kornblume, Blatt & Blüte Honigtauhonig, Akazie, Buchweizen, Honig vom Hof Apfeltraum, Raps, Linde, Sommerblüte, Sonnenblume
  • Vermarktung: Onlineshop, BIO COMPANY und Naturkostläden in Berlin und Potsdam, Hofläden; perspektivisch: eigener Hofladen
  • Team: Hanna und Jasper plus ein Mitarbeiter

www.imkerei-heilmann.de