Portrait

Fleckvieh und Grünkern

Hofmann GbR: Züchten für gute Milch, Darren für guten Geschmack

von Michael Olbrich-Majer

Dass er mit Kuhfamilien züchtet, also seine Tiere anhand von Merkmalen in Gruppen eingeteilt hat, hilft dabei sehr: die Namen der Tiere in den Familien fangen immer mit dem gleichen Buchstaben an: Emma, Else, Erika, usw.. Die Kuhfamilienzucht ist ein unter biodynamischen Betrieben beliebtes Zuchtverfahren. Mit eigenem Stier beim Jungvieh und zum Teil auch bei den Milchkühen sowie künstlicher Besamung bei den melkenden Tieren kann Hofmann auf die Kombination von Gesundheit, guter Grundfutterleistung und Milchinhaltsstoffen gezielt mit den Kuhgruppen hinarbeiten. Neben der Milcherzeugung ist der Betrieb auch im Ackerbau stark: 150 ha Druschfrüchte, darunter auch Sonnenblumen und die auf dem Hof gedarrte Spezialität Grünkern.

Vielseitig und flexibel als Landwirt

Als ältester von fünf Söhnen ist Steffen Hofmann in die Landwirtschaft reingewachsen und ist gerne Landwirt: „Die Vielseitigkeit ist das Schöne.“ Dazu hat er die Lehre gemacht, konventionelle Berufsschule, und dann den Meister draufgesattelt. Der Aussiedlerhof wird nun in der vierten Generation bewirtschaftet, drei davon biodynamisch, Vater und Großvater hatten 1986 auf Demeter umgestellt. Damals ging es hier in der Gegend heiß her – Daimler wollte eine riesige Teststrecke bauen, gegen die sich Widerstand regte. Der schärfte das Bewusstsein auch für Alternativen in der Landwirtschaft, im Leben für etwas zu sein, statt nur dagegen: Noch heute sind es vier Demeter-Höfe im Dorf, ein Kollege ist bei Bioland und ein Hof ist konventionell. Dietmar, Steffens Vater übernahm bald danach den Hof, Steffen seit 2020 und inzwischen umfasst die GbR neben den beiden auch Steffens Sohn Thorben, der wie sein jüngerer Bruder Marlon eine landwirtschaftliche Ausbildung macht. Dass die biodynamische Bewirtschaftung fortgeführt wird, stand nie in Frage, ebensowenig wie das Milchvieh. Gerade ist der Butterpreis hoch und auch der Milchpreis auskömmlich, der Stall ist abgeschrieben. Aber das ist nicht immer so. Und die viele Arbeit mit Milchvieh nimmt auch nicht jeder Hofnachfolger auf sich. Das Herdenmanagement aber macht Steffen Spaß, „Und außerdem benötigt man ja Dung für die Felder.“

Fleckvieh im Stall

Der Tieflaufstall ist mit 110 Kühen voll besetzt und braucht so viel Stroh, dass der Betrieb sogar von Kooperationspartnern noch Stroh dazu nimmt. Die Fütterung richtet der Landwirt nach dem äußeren Eindruck aus – die Kühe tragen Transponder für die Kraftfuttergabe, generell ist diese reduziert. Der Schwerpunkt der Fütterung liegt auf frischem Grün, Silage, Heu. Von April bis Oktober geht es auf die Weide – 3, 4 Tage kurzfressen, dann weiter. Grünland ist meist an Hanglagen oder Auen, 15 ha sind sogar FFH-Flächen, die nur gemäht werden dürfen. Auf weiteren Hektaren pflegt der Betrieb vertraglich die Landschaft. Auch artenreiches Streuobstwiesen gehören zum Betrieb. Da die Region eher sommertrocken ist, gelingt die Futterwerbung mit Bodentrocknung. Bei der Mahd lässt Hofmann immer mal einen Streifen stehen, auch der Klee darf ab und an blühen. Beides fördert die Biodiversität.

Gemolken wird im Doppelsechser-Fischgrätmelkstand. Um die Zellzahl niedrig zu halten und auf Antibiotika verzichten zu können, desinfizieren die Landwirte das Melkzeug vor dem Anhängen. Im Schnitt 7000 Liter geben Hofmanns Kühe und sind im Schnitt etwas über sechs Jahre alt. Die älteste ist fünfzehn: „Warum soll man Kühe, die so lange gut Milch gegeben haben, nicht noch eine Weile im Stall stehen lassen? Manche sind einem ja auch ans Herz gewachsen,“ so der Landwirt. Dennoch selektiert er, das ist ja die Grundlage des Züchtens: Leistung, funktionale Merkmale und Verhalten sind für ihn wesentliche Kriterien.

Züchten mit Kuhfamilien

Die Herdenführung am PC bzw. mit dem Programm des Milchkontrollverbandes gibt weitere Hinweise auf Selektion und vor allem die Anpaarung. 50 Tage nach Abkalbung bzw. mit 18-20 Monaten werden die Tiere belegt. Bei den Jungtieren läuft der Stier mit in der Box bzw. auf der Weide. Dreiviertel der Kühe werden künstlich besamt, was Steffen und Thorben Hofmann selbst vornehmen. Teilweise wird die Fleischrasse Parthenaise eingekreuzt, die sich durch gute Futterwertung und hochwertiges Fleisch auszeichnet. Bei den Milchkühen legt Steffen Hofmann Wert auf einen tiefen Rumpf, mittelrahmige Tiere, feste Euter und gutes Fundament sowie eine hohe Lebensdauer. Bei den mehr funktionalen Merkmalen sollen die Tiere nicht zu hoch mit der ersten Laktation einsetzen, aber Leistungssteigerung in der Folge zeigen. Die Kühe sollen die Milch halten können, fett- und eiweißreiche Milch geben und rasch wieder trächtig werden. Außerdem sollen sie ein schönes Seitenbild aufweisen und natürlich wohlgeformte Hörner.

Ungefähr vierteljährlich lassen die Hofmanns den hofeigenen Kühlbehälter von der Rinderunion, dem Zuchtverband, nachfüllen, auf Bestellung. Aber wonach wählt Steffen Hofmann die Bullen bzw. das Sperma aus? Ungefähr eine Stunde braucht der Landwirt dazu, und orientiert sich dabei an den Empfehlungen aus dem Demeter-Beratungsrundbrief und dem ökologischen Gesamtzuchtwert ÖZW, den es für Fleckvieh gibt. Die Bullen sollen nachkommengeprüft sein und die Bullenmütter nachvollziehbar. Und: „Das Bild des Bullen ist mir wichtig“ – neben den reinen Werten zu Milchleistung und Inhaltstoffen. Denn sein Anpaarungsziel ist die Balance zwischen Ausgleich und Spiel in der Herde – vor allem auf die körperlichen Eigenschaften bezogen. Das liefert ein PC-Anpaarungsprogramm bisher nicht. Als Herdbuchzüchter kann Hofmann dazu auf die Daten aus der monatlichen Milchleistungsprüfung zurückgreifen, die hat er auf dem Handy. Das Engagement im Zuchtverband – er ist zweiter Vorstand der Fleckviehzüchter im Main-Tauber-Kreis – schult durch den fachlichen Austausch zwischen den Betriebsleitern und gelegentliche Stallschau auch seinen Blick. Weitere Informationen findet er in Züchterporträts des Fleckviehzüchtermagazins. Denn eine vergleichbare, für die ökologische Milchviehhaltung kompatible Fütterung auf dem Herkunftsbetrieb spielt bei der Bullenwahl eine wichtige Rolle.

Vor einigen Jahren nahm der Landwirt am Demeter-Projekt zur Kuhfamilienzucht teil, das die Züchter in diesem Verfahren stärken, bzw. ihnen bei dessen Etablierung helfen sollte. Demeter-Berater Martin Haugstätter ermittelte damals die Inzuchtkoeffizienten für Hofmans Herde. Denn auch darauf muss ein Züchter, gerade bei dieser Methode achten.

Getreide und Feldfutter – biodynamisch

In der Außenwirtschaft ist der Betrieb getreidestark. Vor allem Dinkel, aber auch Weizen, Roggen, (Nackt-) Hafer werden auf den 150 ha Druschfruchtfläche angebaut, meist biodynamisch gezüchtete Sorten, daneben Sonnenblumen, Mais, Futterbau. Allein 55 ha sind Klee- bzw. Luzernegras, für die Fütterung wichtig. Ackerbohnen, zum Teil Sonnenblumenpresskuchen und die Gemenge von Sommer oder Wintergetreide landen ebenfalls auf dem Futtertisch. Statt fester Fruchtfolge betreibt Hofmann flexiblen Fruchtwechsel, und ist mit diesem Spielraum besser an die immer unbeständigeren Witterungsverhältnisse angepasst. Sowohl Pflug wie Grubber setzt er ein – ebenfalls je nach Bodenverhältnissen, vor den Zwischenfrüchten auch den Tiefenlockerer. Gedüngt wird mit präpariertem Mist, dessen Umsetzung mit dem Mäusdorfer Rottelenker, einem biodynamischen Sammelpräparat initiiert wird. Auch die Gülle wird biodynamisch präpariert, zum Teil mit Kohle oder effektiven Mikroorganismen versetzt, das Gesteinsmehl Biolit kommt über die Fütterung in den Dung.

Die biodynamischen Präparate gehören auf einem Demeter-Betrieb dazu, ebenso wie die regionale Arbeitsgruppe, für Hofmanns die in Schwabhausen. Dem Betriebsleiter ist dieser Austausch wichtig, da man auch Praktisches bei den Kollegen sieht und so auf neue Ideen kommt. Im Winter beschäftigt sich die regionale AG mit Aktuellem oder Verbandsthemen, lädt zu Fachthemen Vortragende ein. Die Präparate werden nicht weit entfernt am Brunnenhof in Mäusdorf gemeinsam hergestellt, Hornmist und Hornkiesel machen die Hofmanns selbst. Die Hörner der eigenen Kühe aber gibt es vom Schlachthof nur selten. Ihre Erfahrung ist, dass die Hörner länger verwendbar sind, wenn man sie nach dem Gebrauch rasch trocken einlagert. Eine Wirkung der biodynamischen Spritzpräparate merkt der Landwirtschaftsmeister vor allem auf neu hinzukommenden Flächen und in Extremjahren: „Das Bodenleben ist länger aktiv, die Qualität ist durchgängiger und bei Trockenheit bleiben die Bestände länger grün.“

Hofspezialität Grünkern

Grünkern ist eine regionale Spezialität, wohl einst in der Not entstanden, als der Dinkel hier, in „Badisch Sibirien“, nicht ausreifte. Das Bauland zwischen Odenwald, Tauber, Jagst und Neckar ist das weltweit wichtigste Anbaugebiet von Grünkern. Zur Herstellung wird das milchreife Korn gedroschen und im Spelz dann auf Buchenholzfeuer getrocknet – gedarrt. Hofmanns nutzen dazu einen gemauerten Kamin, von dem der gefilterte Rauch und die Wärme durch ein Trocknungssilo geleitet wird. Das hat eine dafür ausgerichtete Innenkonstruktion mit Lochblech. Das gedarrte Korn wird dann in einer nahegelegenen Mühle entspelzt und abgesackt. Der Grünkern geht vor allem an die Getreideabnehmer des Hofes, aber auch in die Schweiz. Vorbestellt werden muss spätestens im Mai. Als Sorte ist Bauländer Spelz am besten geeignet, so der Landwirt: die Körner sind glasiger, das Schrot wird wie gewünscht grießiger.

Steffens Vater Dietmar hatte vor einigen Jahren eine Initiative gestartet, den Grünkern regional zu schützen. 2015 dann hat die EU-Kommission den „Fränkischen Grünkern‘‘ in die Liste der „geschützten Ursprungsbezeichnungen (g.U.)‘‘ aufgenommen. Dafür müssen alle Produktionsschritte in einem abgegrenzten geografischen Gebiet erfolgen. Daraufhin wurde er, zugleich Vorstand der Vereinigung fränkischer Grünkern-Erzeuger Boxberg e.V., vom Landwirtschaftsminister des Landes als Genussbotschafter Baden-Württemberg ausgezeichnet.

Dietmar Hofmann war zwei Jahrzehnte Ortsvorsteher von Schwabhausen und wirkte zudem im Kreistag des Main-Tauber-Kreises. Auch war er aktiv im Demeter-Initiativkreis Hohelohe. Auf dem Hof hilft er wie seine Frau dennoch regelmäßig mit, u. a. beim Melken bzw. im Stall. Steffens Sohn Thorben, der dritte in der GbR, ist winters zurzeit in der Fachschule, im Sommer aber im Betrieb. Er denkt schon über einen Stallanbau nach – mehr Fressplätze, mehr Liegefläche. 2025 wird er ganz in den Betrieb einsteigen.

Betriebsinfo: Demeter-Betrieb Hofmann

  • Demeter seit 1986
  • Boxberg im Bauland (Nordbaden), 360m ü NN; 9,9* C , 620 mm Niederschlag im Durchschnitt
  • Böden Muschelkalkverwitterung, tw. Löß, Lehm bis toniger Lehm, Kuppen steinig, 25-65 Bodenpunkte
  • 270 ha, davon 50 Grünland, 8 ha Streuobst, 15 ha FFH-Flächen; 4 ha Wald
  • Ackerfrüchte: Kleegras, Dinkel, Weizen, Roggen, Hafer, Mais, Futtergemenge, Sonnenblumen, Ackerbohnen
  • Vieh: 110 Fleckviehkühe samt weiblicher Nachzucht, 7000l Jahresmilchleistung grundfutterbasiert; 3 Hühnermobile (150 Hühner), 2 Bienenvölker
  • Vermarktung: Milch an Molkerei Schrozberg, Getreide an Spielberger, Erdmannhauser, Raiffeisen
  • Verarbeitung: Darren von Grünkern auf Buchenholzfeuer
  • Energie: Fotovoltaik 230kwp und ein Kleinwindrad
  • Arbeitskräfte: Betriebsleiter, Sohn, Lehrling, Vater, die beiden Ehefrauen, Aushilfskraft
     

Hofmann GbR, Zentweg 13, 97944 Boxberg-Schwabhausen, steffen.-hofmann@t-online.de