Schwerpunkt

Kompost- und Düngerpflege

Aspekte zu Kriterien und Methoden

von Dr. Uli Johannes König

 

Im Biodynamischen Landbau spielt der hofeigene Dünger in Form tierischen Mistes oder Kompostes eine zentrale Rolle. Doch welche Form der Pflege dieser Dünger ist die richtige? Die Entscheidung wird nicht leichter, wenn man realisiert, dass es hierfür eine Reihe unterschiedlichster Methoden und gegensätzlicher Ansätze gibt, die meist von sich behaupten, die einzig richtige Methode zu sein. Dazu kommt die Frage, zu welchen Kulturen ich welchen unterschiedlich zubereiteten Dünger benötige. Ist nun leicht angerotteter Frischmist der richtige Dünger, oder sollte ich meinen Stallmist in reifen Kompost umwandeln?

Humusaufbau oder Höchstertrag?

Schaut man auf praktische Beispiele unserer Betriebe, so muss man sich eingestehen, dass es hier keine generelle Antwort gibt. Je nach dem Ziel, das ich in meinem Betrieb verfolge, werde ich andere Maßnahmen wählen. Möchte ich den Humusgehalt meiner Böden aufbauen? Will ich auf einem hohen Ertragsniveau intensive Ackerbau- oder Gemüse-Kulturen kultivieren?

 

Ein erster verallgemeinerbarer übergeordneter Gesichtspunkt ist, dass diejenigen Betriebe Erfolge aufweisen können, die in der Düngerpflege eine besondere Bedeutung sehen. Warum? Sie sammeln nicht einfach nur organische „Abfälle“ und führen sie wieder in den Betriebskreislauf zurück, sondern sehen diese im Betrieb anfallenden Rohstoffe als Ausgangspunkt für eine gezielte Veredlung zu einem hochwertigen Dünger an. Dieses innere Verhältnis zu den Düngern und seinen Ausgangsstoffen führt konsequenterweise zu einem bewussteren Umgang bei jedem einzelnen Schritt in der Zubereitung des jeweiligen Düngers, ob Kompost oder Rottemist und damit zu einer deutlichen Qualitätssteigerung.

Richtige Düngerbereitung, eine Bewusstseinsfrage

Eine qualitative Verbesserung der Dünger beginnt also beim Sammeln und Lagern der verschiedenen Düngerrohstoffe. Warte ich einfach, dass genügend Material zufällig sich angesammelt hat, oder füge ich von vornherein alles Material sofort zu einem geordneten Düngerhaufen zusammen? Im ersteren Fall entgleitet mir der Prozess leicht. Es treten Fehlentwicklungen ein wie übermäßige Verdichtung, Vernässung, Austrocknung, Fäulnis usw., die zum Teil mühsam oder auch gar nicht mehr rückgängig zu machen sind. Werde ich mir aber bewusst, dass es sich bei der Zubereitung der Dünger oder Komposte um einen Lebensprozess handelt, so werde ich die lebendige Substanz, die anfällt, sofort in den neuen lebendigen Zusammenhang des Düngerhaufens überführen, also den Prozess ganz in einem gesunden, lebendigen Zusammenhang belassen. Mehrfach fand ich auch die Praxis, täglich eine geringe Menge Erde in den Mistgang des Stalles zu streuen, um die Rotteprozesse zu harmonisieren.

Ruhe oder Umsetzung? Die Methode finden

Ein großes Thema ist immer wieder die Art der Lagerung. Zum einen gibt es die Methode der intensiven Umsetzung, im Extrem bis zur täglichen Umsetzung des Rottegutes, zum anderen das Gegenteil dieser arbeitsintensiven Prozedur, eine Lagerung des Materials unter mehr oder weniger starkem Luftabschluss. Beide Methoden zeigen Extreme auf. Beide Methoden verweisen auf gute Erfolge in der Praxis. Interessant ist, dass auch Zwischenformen, also z. B. ein moderates Umsetzen, zu guten Erfolgen führt. Liegt der Erfolg also an einer bestimmten Methode, oder an der inneren Einstellung des Landwirtes zu seiner bevorzugten Methode? Schaut man hier in die Praxis, so muss man sagen: In erster Linie scheint es wichtig zu sein, dass man die Methode für sich findet, bei der man innerlich ganz mit dem Prozess der Düngerbereitung übereinstimmen kann. Natürlich ist das nicht beliebig; ich muss prüfen, welche Methode für meinen Betrieb, für meinen Standort die sinnvollere darstellt. Benötige ich mehr Umsatz oder benötige ich mehr Ruhe, um einen Boden aufzubauen? Eine Haufenkompostierung ohne intensives Umsetzen führt zu dieser inneren Durchreifung des Kompostes oder Düngers, ein intensives Umsetzen eines Kompostes zu einem schnellen Umsatz der organischen Substanz, nicht aber zu dessen Reifung. Hierzu ist die Anwesenheit von Bodenlebewesen notwendig, die eine gewisse Ruhe im Haufen benötigen.

Kompost als Organ

Der Düngerhaufen ist wie ein Organ innerhalb der Landwirtschaft zu betrachten. Er hat ein Innen und eine Außenhaut. Diese Außenhaut muss ich pflegen, entweder, indem ich eine Stroh- oder Erdbedeckung herstelle, oder indem ich ein Kompostvlies zur Abdeckung verwende. Nur so kann sich das Innenleben richtig entwickeln, die innere Ruhe insbesondere in der späteren Phase der Kompostierung einstellen. Eine besondere Bedeutung haben bei dieser inneren Organisation die Biodynamischen Kompostpräparate, die möglichst mehrmalig zur Anwendung kommen sollten.

Ausbringung

Hat man den Dünger oder Kompost in richtiger Weise bereitet, so stellt sich die Frage nach der Ausbringung. Dünge ich die Pflanzen im Hinblick auf einen möglichst hohen Ertrag, oder dünge ich den Boden im Hinblick auf eine möglichst gute Bodenfruchtbarkeit, die unter Umständen erst nach Jahren zu einer guten Ertragssicherheit führt? Schon in den Anfängen der biodynamischen Bewegung war die Frage nach dem Kompostieren des Mistes sehr eng mit dem Zeitpunkt der Düngung verbunden: Stallmist-Kompost sollte am Anfang der Kultur zu einem mindestens dreijährigen Kleegras gegeben werden, so dass dieses sich gut entwickeln kann und eine langfristige Bodenfruchtbarkeit aufgebaut werden kann. Dieser Zusammenhang ist leider in Vergessenheit geraten, scheint aber ein wesentlicher Schlüssel zu einer langfristigen Bodenfruchtbarkeit zu sein. Darüber hinaus kann Düngung mit unreifem Stallmist unter unseren europäischen Bedingungen normalerweise nicht zu einem Aufbau von Humus und damit zu Bodenfruchtbarkeit führen, da die Anwesenheit des Stickstoffes das Wachstum der für den Humusaufbau notwendigen Bodenpilze verhindert. Wir stehen daher vor der Entscheidung, wollen wir mit unserem Dünger und Kompost Bodenfruchtbarkeit aufbauen, um mittelfristig ein ausgewogenes Ertragspotenzial aus unseren Böden erhalten zu können, oder wollen wir kurzfristig durch eine intensive stickstofflastige Düngung einen hohen Ertrag erzeugen?

Notwendiger Paradigmenwechsel

Hier deutet sich ein notwendiger Paradigmenwechsel an. Zurückkommend auf Praxiserfahrungen einzelner Betriebe, die eine steigende Bodenfruchtbarkeit aufweisen, lassen sich folgende Beobachtungen festhalten:

  • die Betriebe arbeiten mit einer durchdachten und hochwertigen Kompostwirtschaft;

  • die Betriebe arbeiten mit mehrjährigem Kleegras, das mindestens drei wenn nicht gar vier oder fünf Jahre stehen bleibt;

  • die Betriebe arbeiten intensiv mit den Biodynamischen Präparaten, auch den sogenannten Sammelpräparaten.

Dazu kommen betriebsspezifische Maßnahmen wie besondere Formen der Integration des Tieres oder reduzierte Bodenbearbeitung oder ähnliches.

Bodenfruchtbarkeit als soziale Aufgabe

Als letzter Punkt müssen aber auch die sozialen Rahmenbedingungen angeschaut werden. Eine extreme Intensivierung des Ertragspotenzials aus sogenannten wirtschaftlichen Notwendigkeiten heraus führt notwendigerweise zu einer Vernachlässigung der beschriebenen Dünger- oder Kompostqualität. Wenn Lebensmittel keinen Wert mehr haben dürfen, wird konsequenterweise auch die Landwirtschaft, die diese lebendigen Lebensmittel produziert, keine Werte mehr enthalten können. Dies ist nicht als Vorwurf, sondern als Aufruf gemeint, nach einer Lösung dieses Problems zu suchen. Einzelne Betriebe mögen diese in einer CSA-Struktur finden, für die meisten anderen bedarf es anderer Lösungen. Damit geht die Frage nach einer nachhaltigen Kompost- und Bodenqualität auch den Handel und Verbraucher an.

Autorennotiz

Dr. Uli Johannes König,

Forschungsring für Biologisch-Dynamische Wirtschaftsweise e.V.,

http://www.forschungsring.de