Schwerpunkt

Demeter-Qualität bei Backwaren

So entsteht gutes Brot auf Hof Klostersee

von Dirk Öllerich

Demeter-Bäcker verstehen sich „als Teil eines sozialen Prozesses vom Züchter, Bauern, dem Müller, dem Groß- / Einzelhändler bis hin zum Konsumenten, einer fairen Wertschätzungskette“. Das beschreibt das Leitbild der bundesweit ca. 190 Demeter-Bäcker, das sich die Facharbeitsgruppe Bäcker des Demeter e.V. gegeben hat. Dieses Leitbild soll über die verbindlichen Richtlinien hinaus eine Orientierung bieten.

Im Folgenden soll am Beispiel der Backstube auf Hof Klostersee ausgeführt werden, wie dieser prozesshafte Gedanke verstanden werden kann. Als Hof-Backstube streben wir an, möglichst viel auf dem Hof angebautes Getreide zu verbacken – momentan sind wir bei etwa 80 %. Das eigene Getreide wird in einer Steinmühle auf dem Hof von den Bäckern alle 2 bis 3 Tage frisch vermahlen.

Biodynamische Züchtung als Qualitätsgrundlage

Wir haben den Anspruch, ausschließlich Getreidesorten aus biologisch-dynamischer Züchtung zu verarbeiten. Daher beschäftigen wir uns seit 2016 auch mit der Erhaltung und Entwicklung hofeigener Getreidesorten. Als Teil der Initiative „Jedem Hof sein Korn“ war die Backstube bereits mehrfach Ort gemeinsamer Backversuche mit den in der Entwicklung befindlichen Hofsorten: Züchter, Landwirte und Bäcker backen gemeinsam Brot und pflegen dazu den Austausch über Qualitäten. Der nächste Schritt soll ein Aktionsbrot aus Hofsorten der Kooperationspartner in Norddeutschland sein, mit dem das Thema Saatgutsouveränität auch den Kunden nähergebracht wird.

Bereits seit über 10 Jahren wird auf Hof Klostersee als Roggensorte ausschließlich der Lichtkornroggen, eine biodynamische Sorte, die von vielen Bio-Bäckern und Verbrauchern geschätzt wird, angebaut, verbacken und vermarktet. Das Getreide und Mehl werden sortenrein im Hofladen verkauft. Dadurch hat die Sorte einen hohen Bekanntheitswert in der Kundschaft. Weitergehende Verkaufs- und Informationsaktionen, sowie regelmäßige Führungen tragen dazu bei, die Bedeutung der Saatgut-Qualität zu vermitteln.

Das Leitbild postuliert weiterhin, dass „der Mensch im Mittelpunkt der Demeter-Bäckerei“ und der „Brot-Handwerks-Kultur“ steht. Das handwerkliche Wissen und die Erfahrung werden entsprechend über Ausbildung, Weiterbildung und fachlichen Kollegen-Austausch gepflegt und weitergegeben. Ergänzt wird diese Bildungsarbeit in Klostersee durch Brotbackkurse für Verbraucher, die die Bedeutung des Bäckerhandwerks mit allen Sinnen vermitteln.

Die aktive Teilnahme der Bäckerei-Mitarbeiter an den Sozialprozessen der Hofgemeinschaft wird durch ein selbst auferlegtes Nachtbackverbot für die Backstube gestärkt. Zwischen 5.00 und 6.00 Uhr beginnen die Arbeitsprozesse in der Backstube und ermöglichen den Mitarbeitern so auch die regelmäßige Teilnahme an den gemeinsamen Mahlzeiten der Hofgemeinschaft als rhythmischer Ausdruck des Bestandteil-Seins in der Hofgemeinschaft.

Bäckerhandwerk

Die Kernkompetenzen des biologisch-dynamischen Bäckerhandwerks haben im Leitbild der Demeter-Bäcker in der folgenden Passage ihre Form gefunden: „Das Backen findet im Lebendigen statt. Schonende Verarbeitung, lange Teigführungen, Frische und Reife (von Mehl, Teig und Vorteig) sind wesentliche Qualitäten bei der Herstellung hochwertiger Demeter Brot- und Backwaren.“ In diesem Sinne kann die wesentliche handwerkliche Leistung in der Backstube auch als ein aktives Begleiten von Reifeprozessen verstanden werden, bei dem die Aspekte Zeit und Wärme die Hauptrolle spielen.

Die Bedeutung der „langen Teigführungen“ für guten Geschmack mit vielfältigen Aromen und für eine gute Brot-Frischhaltung wird bei Demeter-Bäckern schon lange gewürdigt. In den letzten Jahren hat auch die Frage der Bekömmlichkeit und Verträglichkeit von Brot und Backwaren einen neuen hohen Stellenwert in der Öffentlichkeit gefunden. Der Beitrag einer guten handwerklichen Verarbeitung durch den Aufschluss der Nährstoffe des Getreides und den Abbau von Anti-Nährstoffen und schwer verdaulichen Bestandteilen erlebt eine Renaissance im Bewusstsein von Bäckern und Verbrauchern.

Für die Klosterseeer Bäcker bedeutet das, dass Brotteige und Vorteige eine mindestens 15-stündige bis hin zu einer 48-stündigen Reifezeit haben. Weitere Vorstufen wie sogenannte Quell- und Kochstücke tragen durch intensive Verquellung der Getreideinhaltsstoffe zur guten Frischhaltung bei. Bei Vollkorn-Getreide wird ausschließlich mit Fermentation wie Backferment und natürlichen Sauerteigen gearbeitet, um die Mineralstoffe gut verfügbar für die Ernährung zu machen. Besonders auf die Verarbeitung von Vollkornmehlen abgestimmte Knetmaschinen ermöglichen eine schonende Knetung durch geringen mechanischen Energieeintrag. Das kommt insbesondere den Verabeitungsanforderungen von Dinkel, Einkorn oder Emmer entgegen. An vielen Stellen wird inzwischen ganz auf das Kneten verzichtet. Autolyseteige ersetzen den Knetvorgang durch reines Vermischen und lange Quellzeiten.

Gekeimtes Getreide bringt Vitalität

Bei vielen Brotsorten wird im Betrieb gekeimtes Getreide als Inbegriff von Vitalqualität eingesetzt. Mit dem Einsatz von wilden Hefen auf Basis von Trockenfrüchten und hofeigenen Äpfeln werden individuelle Gärungen initiiert. So kommen über das entstehende sogenannte Hefewasser besondere Aromen und Geschmackskomponenten ins Brot. Unsere Sauerteige werden täglich mit Honig und Salz in geringen Mengen sozusagen „beimpft“. Der Honig bringt den Blütenprozess ins Brot, das feine Mineralische des Salzes bildet den Gegenpol. Dadurch entsteht ein belebendes Spannungsfeld.

Die für die Ernährung notwendigen Wärmeprozesse werden durch lange und schonende Backzeiten gefördert. Das (Back-) Ergebnis dieser Brot-Handwerks-Kultur formuliert das Leitbild: „Demeter Brot- und Backwaren sind authentisch. Und sie bereiten Freude. Sie sprechen alle Sinne an und fördern dadurch den Menschen. Ihr ernährungsphysiologischer Wert und ihre Vitalqualität sind hoch“.

Was sind nun die Möglichkeiten, die Backergebnisse im Hinblick auf die Erreichung dieser Ziele zu überprüfen? Die Teilnahme an Brotprüfungen, Untersuchungen zur Bildekräftequalität oder der Wirksensorik ermöglichen einen Austausch und eine Veranschaulichung der erzielten Backwarenqualität. Insbesondere die im Rahmen der Fachgruppe Bäcker gemeinsam mit dem Sensoriker Martin Darting und dem Forschungsring erarbeitete Demeter-Brotprüfung hat den fachlichen Austausch, das Verständnis und die Kommunikation der erzielten Qualitäten sehr gefördert. Das in diesem Zusammenhang erarbeitete Bewertungssystem ermöglicht die Beschreibung einer individuellen Brotqualität mit ihren sensorischen Eigenschaften. Dadurch kann die Demeter-Qualität positiv erklärt werden. So entgeht man der Falle, sich darüber zu definieren, was man nicht tut.

Das angestrebte ideale Brot bildet das Terroir des Getreides und damit die Hofindividualität im Brot ab.

Autor: Dirk Öllerich
Backstube auf Hof Klostersee
backstube(at)klostersee.org

Backstube der Hofgemeinschaft Klostersee

  • Backen seit Beginn der biodynamischen Bewirtschaftung 1987
  • 80 % hofeigenes Getreide (ca. 45t): Dinkel, Roggen, Weizen und Emmer
  • Seit 2016 Meisterbetrieb mit durchschnittlich zwei Auszubildenden
  • 20 Brotsorten mit 1.500 Broten pro Woche
  • Konditorei mit vielen Sorten Kuchen, Torten und Dauerbackwaren für das Hofcafé
  • Vermarktung zu ca. 2/3 über Hofladen und Hofcafé, zu 1/3 über Wiederverkäufer, insbesondere die 5 Bio-Regional-Supermärkte der EVG Landwege eG in Lübeck
  • Hof Klostersee, Klostersee 1, 23734 Grömitz, www.klostersee.org