Schwerpunkt

Streifenanbau

Potenziale, Herausforderungen und Erfahrungen

von Christian Stadler

Streifenanbau vereint die Vorzüge effizienter Landwirtschaft mit den ökologischen Vorteilen der Bewirtschaftung auf kleinen Flächen. Herauszufinden, ob das wirklich stimmt, hat sich eine Projektgruppe in Oberösterreich zur Aufgabe gemacht.

ARGE STREIFENANBAU

Das Streifenanbauprojekt wird von Morgentau Biogemüse GmbH, Gerhard Weißhäupl und Rudolf Hofmann, drei engagierte Biobauern und Akteure, rund um die regenerative Landwirtschaft, umgesetzt. Wissenschaftlich begleitet wird das Projekt von der Forschungsanstalt Raumberg-Gumpenstein und der Universität für Bodenkultur. Bio Austria deckt den Bereich Kommunikation und Weiterbildung ab. Das EU-Projekt wird im Rahmen von EIP-Agri gefördert.

Auf zirka 14 Hektar wird in Hofkirchen im Traunkreis der Streifenanbau mit unterschiedlichen ackerbaulichen Kulturen umgesetzt und auf die Probe gestellt. Das Streifenanbauprojekt wird von Morgentau Biogemüse GmbH, Gerhard Weißhäupl und Rudolf Hofmann, drei engagierte Biobauern und Akteure rund um die regenerative Landwirtschaft, umgesetzt. Wissenschaftlich begleitet wird das Projekt von der Forschungsanstalt Raumberg-Gumpenstein und der Universität für Bodenkultur. Bio Austria deckt den Bereich Kommunikation und Weiterbildung ab. Das EU-Projekt wird im Rahmen von EIP-Agri gefördert. Untersucht werden im Zuge des Projektes alle arbeits- und betriebswirtschaftlichen Auswirkungen, das Vorkommen von Nützlingen, die Bodengesundheit, Pflanzengesundheit und natürlich auch der Ertrag. Der Streifenanbau ist definiert als die Produktion von drei oder mehreren Kulturen innerhalb desselben Feldes in benachbarten Streifen. Wichtig ist, dass die Kulturen in gängigen Arbeitsbreiten angelegt sind und der Acker dadurch weiterhin maschinell kultiviert werden kann. Jede Kultur wird jährlich im Sinne der klassischen „Fruchtfolge“ auf den benachbarten Streifen weiterverschoben.

Startschuss für das Projekt erfolgte im Herbst 2020, als der Streifenanbau mit einer Streifenbreite von jeweils drei Meter angelegt wurde. Mit sechs Wiederholungen ergeben sich insgesamt 30 Streifen. Die Länge des Streifenanbau-Blocks beträgt 150 Meter, die Streifenanbaufläche beläuft sich auf 13.500 Quadratmeter. Am Versuchsfeld befinden sich neben den Streifenkulturen auch alle Kulturen als Monokulturflächen angelegt, je etwa 20.000 qm, um die beiden Bewirtschaftungsformen auf Ertrag, Qualität, Pflanzengesundheit, Biodiversität und Resilienz vergleichen zu können. Der Anbauplan besteht aktuell aus fünf Kulturen: Mais-Weizen-Ackerbohne-Kartoffel-Kleegras. Die Bewirtschaftung einer Ackerfläche im Streifenanbau hat sich schon in den ersten Monaten als eine spannende und neue Herausforderung herausgestellt.

Erkenntnisse und Vorteile

Eine der wichtigsten Erkenntnisse ist, dass im Streifenanbau ein sehr exaktes Arbeiten notwendig ist. Auch einfache Arbeiten, wie das Mulchen, erfordern hohe Präzision und eine gute Maschinenkenntnis des Fahrers. Bei einer ungenauen Bearbeitung auf einem Streifen (z. B. beim Fräsen oder Hacken) besteht die Gefahr, dass die Randreihen des Nachbarstreifens ausgehackt oder verschüttet werden, da zwischen den einzelnen Streifen kaum eine Pufferzone besteht.

Außerdem wurde bald klar, dass in einem 3m- Streifenanbau-Versuch immer die gleiche Fahrspur gewählt werden muss, dadurch dass Arbeitsgerät und Arbeitsbreite der Streifen ident sind.

Überfahrten des Traktors immer an derselben Stelle führen bei einem schluffigen Boden vor allem in niederschlagsreichen Jahren zu ertragswirksamen Bodenverdichtungen. Entscheidet man sich für den Streifenanbau, ist auch ein Quer- oder Diagonalfahren nicht möglich, um eventuell verdichtete Fahrspuren zu überarbeiten. Bei der Wahl der Streifenbreite und der Maschinen, welche zum Einsatz kommen, sollte dies auf jeden Fall bedacht werden, was eines der wichtigsten „Learnings“ der Projektgruppe ist.

Wieso fiel nun die Wahl auf 3m-Streifen, wenn diese ohnehin nicht mehr die am häufigsten verwendete Arbeitsbreite für viele Maschinen und Erntegeräte sind? Erwartet wurde beim 3m Streifenversuch, dass möglichst viele positive Randzoneneffekte entstehen und die schmale Streifenbreite auch der Biodiversität ein attraktiveres Habitat bietet als ein breiterer Streifen. Bisher haben sich positive Randzoneneffekte jedoch nur bei den Randreihen des Winterweizens gezeigt. Die beiden äußeren Reihen waren vegetativ besser entwickelt und wiesen ein dunkleres Blattgrün auf. Nach den zwischenzeitlich zweijährigen Erfahrungen überwiegen jedoch die Nachteile des schmalen Streifens, was sich auch in geringeren Erträgen im Streifenanbau bei Mais und Weizen niederschlug. Dies ist auch der Grund, dass im Herbst 2022 die Anlage um einen 9 m-Streifen erweitert wurde. Im 9 m-Streifen können die verschiedenen Bodenbearbeitungs- und Pflegemaßnahmen so gestaltet werden, dass die Überfahrten nicht immer an der gleichen Stelle stattfinden und somit geringere Bodenverdichtungen zu erwarten sind.

In der Saison 2023 beginnen auch fünf weitere Demonstrationsbetriebe, den Streifenanbau auf deren Flächen – angepasst an die betriebliche Struktur – umzusetzen. Auch die gewählte Streifenbreite der einzelnen Betriebe wird variieren und reicht von 6 m bis 18 m. Die Zusammenarbeit mit den Demonstrationsbetrieben soll dabei helfen, den Erfahrungsschatz zu erweitern, um den Streifenanbau zu einem praxistauglichen System weiterentwickeln zu können. Auch wenn die Weiterentwicklung des Streifenanbaus hinsichtlich Streifenbreite und deren Bewirtschaftungsformen noch einiges an Erfahrungen und Feinschliff benötigt, ist eines trotzdem klar: Diese Form der Landbewirtschaftung erhöht die Widerstandsfähigkeit und Stabilität des Produktionssystems und bietet einen deutlich diverseren und attraktiveren Lebensraum für eine Vielfalt an Insekten und anderen Tieren.

Im Blick: Nützlinge

Die Vielfalt und Abundanz von Nützlingen wie Schwebfliegen, Marienkäfer, Florfliegen oder räuberische Wanzen wird im Streifenanbau und den Monokultur-Vergleichsflächen in Kooperation mit Dr. Ronnie Walcher von der Universität für Bodenkultur Wien erhoben. Kulturen wie Ackerbohne, Kartoffel und Weizen enthalten höhere Individuen-Zahlen im Streifenanbau als in den Monokulturen, bei den Schwebfliegen sogar signifikant mehr. Betrachtet man die Abbildung 1, kann man erkennen, dass in der Weizenmonokultur kaum Schwebfliegen vorkommen, aber im Weizen im Streifenanbau deutlich mehr Individuen zu verzeichnen waren. Ähnlich verhält es sich bei Kartoffel und Ackerbohne. Es scheint also, dass Schwebfliegen nicht ganz ohne Hilfe in diese Monokulturen kommen. Stellt man jedoch eine angrenzende, attraktivere Kultur wie zum Beispiel das Kleegras am Nachbarstreifen zur Verfügung (z. B. als Nahrungsquelle für Schwebfliegen), so erhöht sich auch damit durch einen „Spillover“ die Anzahl der Tiere in angrenzenden Kulturen. Man lockt sie also genau dorthin, wo man sie aus landwirtschaftlicher Sicht dringend benötigt. Das Kleegras wirkt somit als „Rutsche“ in die Kulturen für Nützlinge, insbesondere für Schwebfliegen. Mit der erhöhten Individuenanzahl geht auch eine, wenn auch nicht signifikante, leichte Erhöhung der Artenvielfalt von Schwebfliegen einher: Insgesamt wurden in den 1282 identifizierten Schwebfliegen-Individuen 12 verschiedene Arten festgestellt.

Vor allem Bestäuber und Wildbienenarten sind von der Intensivierung der landwirtschaftlichen Produktion und der Homogenisierung der Landschaft sehr stark bedroht und könnten durch den Streifenanbau wieder vermehrt Einzug in unsere Äcker gewinnen. Denn genau Schwebfliegen gelten laut NABU auch als wichtigste Bestäuber-Insekten nach Bienen in unseren Breiten.

Pflanzengesundheit

Auch in Bezug auf die Pflanzengesundheit lassen sich bereits erste Schlüsse ziehen. Die Kartoffeln im Streifenanbau sind länger grün und gesünder als in der Monokultur. Im Streifenanbau sind weniger Kartoffelkäfer sichtbar und die Krautfäule befällt erst später den Bestand. In den Bereichen, welche durch den Kleegrasüberwurf vom benachbarten Streifen besser gedüngt waren, blieb der Kartoffelbestand länger grün und vital. Die Projektgruppe „Streifenanbau“ ist außerdem bestrebt, Verarbeiter und Lebensmittelhändler von Beginn an in das Vorhaben mit einzubinden. Es gibt sie, die Verarbeiter, die die Themen Resilienz und Biodiversitätsförderung aufgreifen und darin einerseits ihre Verantwortung sehen und andererseits die Marktchancen erkennen, die sich dadurch ergeben.

Autor: Christian Stadler
Betriebsleiter Demeter-Betrieb Morgentau Hofkirchen bei Linz, Österreich
www.morgentau.at

Informieren, besichtigen, Fördern

Morgentau bietet interessierten Förderern die Möglichkeit, Erkenntnisse aus dem Projekt aus erster Hand zu erhalten und bietet dazu auch an, die Streifenanbauanlage zu besichtigen. Zudem findet einmal jährlich im Rahmen des Streifenanbau-Projektes ein Feldtag auf den Streifenanbauflächen statt und für das Jahr 2024 ist ein Fachtag geplant, bei dem Interessierte eingeladen sind, den Streifenanbau kennenzulernen. Interessenten wenden sich bitte an: streifenanbau(at)morgentau.at


Projektleitung: Hans-Georg Graf (Julia Kammerhuber bis März 2023)